„Germany's Next Topmodel“: Erste reine GNTM-Männer-Folge ...
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Erstmals bekommt der männliche Model-Nachwuchs bei Heidi Klum eine eigene Bühne, zumindest sechs Folgen lang. Beim großen Aussieben präsentiert sich vor Heidi Klum und Gastjurorin Naomi Campbell viel Berlin, viel Düsseldorf – und viele nackte Oberkörper mit Sixpacks. Heidi Klum gefällt das!
Das Model-Business galt bisher als einer der wenigen Bereiche, in denen Frauen grundsätzlich auf der sonnigeren Seite der Straße stehen. Verdienen viel besser, bekommen mehr Jobs, werden ganz anders wahrgenommen – können sogar Weltstarts werden, ohne dafür ihr halbes Berufsleben in seltsamen Castingshows herumzusitzen. Dachte man. Weit gefehlt.
In Staffel 20, Folge zwei von „Germany’s Next Topmodel“ (GNTM) zeigte Heidi Klum, die große Disruptorin und Kämpferin für sich selbst – Entschuldigung, für die Vielseitigkeit natürlich („Diversity“) –, dass dem nicht so sein muss. Folge zwei in der offiziellen 2025er-Zählung von GNTM ist Folge eins der „Boys“, wahlweise vom davor zu Heidi überleitenden „Galileo“-Moderator auf ProSieben auch als „Male Edition“ bezeichnet. Dass die Männer von Heidi besser behandelt werden würden, zeigte sich schon an der Gastjurorin. Für die Männer hatte sie Naomi Campbell mitgebracht, die Frauen mussten noch mit Leni Klum leben. Fällt so etwas eigentlich schon unter Stutenbissigkeit?
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Mittwoch ist Mädelsabend. Der Mittwoch wird ganz schön „hot“, behauptet Heidi gleich zu Beginn, die noch in bester Unter-uns-Mädels-Stimmung hinzufügte, dass ihr Tom ja zum Glück „nicht eifersüchtig“ sei. Sie habe so viele „heiße Jungs“ unter den Tausenden gesehen, die sich bewarben – die „Boys“ hätten einfach „mehr Sendezeit verdient“. Sechs Folgen bekommen sie deshalb für sich, dann geht es für die letzten „Jungs“ rüber zu den verbliebenen „Mädchen“. Und dann behauptet Heidi Klum auch noch: „Wie immer gilt für mich: Schönheit kennt keine Grenzen. Wir feiern die Vielfalt verschiedener Looks.“
Und los ging es mit einem Abend, in dem Heidi Klum deutlich weniger Wert auf „Diversity“ legte als noch bei der Erstauswahl der Frauen – dafür aber mit deutlich mehr Spaß die Frischware in ihrem Delikatessengeschäft begutachtete und dabei Sätze fallen ließ, die eines Junggesellinnenabschieds auf der Reeperbahn mehr als würdig wären. 1.) „Du hast viel zu viel an“ (zu Nasim, 27, Muttersöhnchen). 2.) „Ich will noch einmal einen Walk von Dir allein sehen – aber diesmal ohne Shirt“ (zu Ray, 29, Versicherungsfachangestellter aus Hamburg, später auch zu Eliob, 29, Model aus Wien). Oder 3.) Einfach gleich ein: „I like it!“ auf die etwas erstaunt vorgetragene Frage von Naomi Campbell: „Warum ziehen die sich immer aus?“
Einhundert Ich-will-Model-werden-Männer hatte sich Heidi Klum also nach München bestellt, in Fünfergruppen laufen sie einmal den Laufsteg auf und ab, stellen sich kurz vor, einzelne werden nochmal fotografiert, dann sprechen Heidi und Naomi das Urteil – nur die Hälfte übersteht Runde eins. So weit, so bekannt von den Mädchen letzte Woche.
Naomi Campbell, die tatsächlich auf dem Laufsteg und in Haute Couture zum Weltstar wurde (anders als Heidi Klum, die das vor allem in Bikini und Unterwäsche, in Werbung und eben als TV-Host wurde), hatte den Jungs zuvor eingeschärft, dass sie genau eine einzige Chance hätten, sich auf dem Laufsteg zu präsentieren und bei Heidi und ihr Eindruck zu hinterlassen – „don‘t waste this moment!“ Einige machten Faxen, andere Komplimente (wenn ein Zwanzigjähriger zu zwei supererfolgreichen Frauen Ü50 „ihr hübschen Mäuse“ sagt: priceless). Da es aber, wie von Naomi Campbell behauptet wurde, auch diesmal vor allem darum ging, seine „Personality“ zu zeigen, taten viele Jungs, was ihre Persönlichkeit am besten unterstrich – und rissen sich die Shirts vom Leib.
Ein bisschen Sadism … äh … Spaß muss sein. Gleich zwei Kandidaten sind zum zweiten Mal angetreten, einer (Noel, 24) mit Erfolg. Der andere, wir lassen ihn namenlos, hätte beim ersten Versuch weiterkommen können, wenn er bei seiner Bank gefragt hätte, ob er so lange überhaupt Urlaub bekäme. Diesmal hat er gefragt. Heidi bedauernd: leider ein „Nein“.
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Bester Satz: „‚Germany’s Next Topmodel‘ ist ja bekannt für eine gewisse Seriosität.“ Messerscharf erkannt von Ryan, 22, der bereits durch zwei Trash-Reality-TV-Datingformate getingelt ist. Auch Jona(than), 28, Content Creator und volltätowierter Reality-TV-Darsteller, überstand die erste Runde. Die Grenzen bröckeln, auch wenn die mahnende Heidi gleich einschob, dass sie das grundsätzlich gar nicht gern sieht (aber bei den beiden natürlich eine Ausnahme mache, siehe „Personality“). Mark, 48, aus Dortmund, Schädlingsbekämpfer, Natur-Rampensau und Gelegenheitsmodel, von Klum abgelehnt: „Dann gehe ich eben ins Dschungelcamp.“ So schließt sich der Kreis.
Zweitbester Satz: „Ich nehme mir weiter fest vor, dass ich wirklich fantastisch bin.“ Gabriel, 23, langmähniger „Artsy“-Architekturstudent mit ADHS-Vergangenheit, seit drei Jahren in Zürich lebend.
Drittbester Satz: „Wie man sehen kann, komme ich aus Berlin!“ Namenloser Kandidat, der auch keine Chance verdient hatte. Aus der Hauptstadt des alternativen Stils kamen gefühlt ein Drittel der Kandidaten, und fast so viele auch aus der zweiten „großen Modemetropole“ des Landes. Falls sie nicht darauf kommen, welche das sein könnte: Wir reden von Düsseldorf.
Und wie war das nun mit der „Diversity“? Nicht weit her. Einer versuchte es über die Plus-Size-Schiene, wurde nach dem „Walk“ immerhin noch fotografiert, um dann aber doch rauszufliegen, zwei, drei Ältere sind offenbar weiter, wurden aber keines Wortes oder eigener kleiner Geschichten gewürdigt. Ansonsten erfreuten sich Gastjurorin Campbell und vor allem Heidi sichtlich an knackigen Jungs zwischen 18 und 34 mit gut definierten Oberkörpern und -armen.
Und während Heidi bei der Auswahl der Mädchen eine Kandidatin ernsthaft fragte, ob sie es immer noch für eine gute Idee halte, sich die vier chinesischen Schriftzeichen für die vier Elemente in zartem rot, aber sichtbar zwischen Kehlkopf und Brustansatz zu tätowieren (auch Naomi Campbell betonte, sie habe kein einziges Tattoo), können die Kerle gar nicht genug Tattoos haben. Bei Männern führt das Heidi unter: „Personality“.
Peinlichste Momente: Leonhard, 22, hochgewachsen, etwas verklemmt wirkend, stellt sich als „größter GNTM-Fan aller Zeiten“ vor und fängt erst einmal an zu weinen. Ein anderer Kandidat bringt ein DIN A4 großes Fotos der „Familienringe“ auf den Laufsteg mit, die alle in seiner tragen – weder will Heidi den Ring oder das Foto sehen noch ihn in der nächsten Runde.
Irritation des Abends: Wenn in einer Show, in der jeder immer und jederzeit das schlimmste Denglisch „practised“, die Gastgeberin Heidi Klum ohne Irritation deutsch auf die nur englisch sprechende „gute Freundin“ Naomi Campbell einredet. Und die so tut, als ob sie es sofort verstünde.
Heute geht es mit Folge zwei der Frauen weiter, nächsten Mittwoch mit den Männern, jeweils um 20.15 Uhr auf ProSieben oder Joyn