Eishockey: Lausanne gewinnt gegen den ZSC und erzwingt ein ...
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Im sechsten Duell der Play-off-Finalserie vom Samstagabend führte Lausanne vorübergehend 5:0. Für die «Belle» vom Dienstag ist die Ausgangslage klar: Der ZSC muss, Lausanne darf Meister werden.
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Weil Lausanne den ZSC besiegt, kommt es im Schweizer Eishockeyfinal zum dritten Mal innert drei Jahren zu einem entscheidenden siebenten Spiel.
Valentin Flauraud / Keystone
An Heimspielen des Lausanne HC erklingt jeweils am Ende jeder Drittelspause ein Neunziger-Jahre-Hit der amerikanischen Punkband The Offspring, die Tradition überlebte die Umsiedlung von der Malley in die Vaudoise Aréna vor fünf Jahren. Die Kalifornier singen:
Chances thrownNothing’s freeLonging for what used to beStill it’s hard, hard to seeFragile livesShattered dreams (go!)
Der Song handelt davon, wie es ist, in einer Kleinstadt aufzuwachsen, von den Sorgen des Lebens. Aber für die ZSC Lions könnten die Passagen ein düsteres Fanal sein: vergebene Chancen, geplatzte Träume? Das würde die Zürcher Gefühlswelt vermutlich recht treffend zusammenfassen, sollte dem ZSC der Meistertitel am Ende seiner bis anhin so überzeugenden Saison noch entgleiten.
In Zürich waren beim Public Viewing 8500 Zuschauer parat für die Meisterfeier – sie wurden bitter enttäuscht
Nach den Geschehnissen vom Samstag ist das ein realistisches Szenario. Die Zürcher waren mit grossen Hoffnungen nach Lausanne gereist, die Liga hatte vorsorglich bereits ihre Weisungen für eine mögliche Pokalübergabe verschickt. Doch der ZSC unterlag 3:5, was sich weniger dramatisch anhört, als es war. Die Gäste lieferten ein Debakel von einem Auftritt und konnten diesen erst im letzten Abschnitt positiver gestalten. 175 Kilometer entfernt, beim Public Viewing in der Zürcher Swiss-Life-Arena, trauten 8500 Zuschauer ihren Augen kaum.
What the hell is going on?The cruelest dream, reality
Man konnte sich das tatsächlich fragen, aus Zürcher Optik: was zur Hölle eigentlich los ist und wie man aus dem Albtraum namens Realität aufwachen kann? 0:5 lag der ZSC nach 39 Minuten zurück. Die ganze Saison über hatte er nie mit mehr als drei Toren Unterschied verloren, 65 Spiele lang. Der Trainer Marc Crawford hatte schon nach 35 Minuten genug gesehen und wechselte den Torhüter Simon Hrubec aus. Erst danach erwachte sein Kollektiv und antwortete mit drei Toren. Dem Lausanner Coach Geoff Ward war die Sache nicht mehr geheuer, er versuchte, den Elan des ZSC mit einem Time-out zu brechen. Letztlich brachte sein Team den Vorsprung, ohne zu brillieren, über die Zeit.
Der ZSC war unter erschwerten Bedingungen in diese Partie gestiegen, er musste auf die am Donnerstag verletzt ausgeschiedenen Leistungsträger Yannick Weber und Rudolfs Balcers verzichten. Trotzdem war nicht abzusehen gewesen, dass der ZSC dem entfesselten Gegner so lange so wenig würde entgegensetzen können. Im Mitteldrittel wurde der Gast fast überfahren.
Le LHC n’est plus qu’à une victoire d’un titre historiquehttps://t.co/KEw0URUnZP pic.twitter.com/M10XAsT59l
— Lausannehc-Partisans (@LhcPartisans) April 28, 2024
Die Frage ist, wie sehr dieser zunächst ziemlich katastrophale Auftritt das Selbstvertrauen der Mannschaft beschädigt hat. Und wie schnell es Crawford gelingt, sein Team aufzurichten. Am Dienstag geht es in der Swiss-Life-Arena in der Belle um alles. Es ist eine Premiere, dass der ZSC ein Spiel 7 in einer Finalserie zu Hause bestreitet: 2001 und 2018 siegten die Zürcher in Lugano, 2012 in Bern. Und 2022 unterlagen sie in Zug.
Von der Meistermannschaft von 2018 sind nur noch fünf Spieler übrig, unter ihnen der Angreifer Chris Baltisberger. Der 32-Jährige rückte anstelle von Balcers in die Paradelinie mit Denis Malgin und Sven Andrighetto. Baltisberger erzielte den ersten Zürcher Treffer und wollte den Abend danach so gewertet wissen, dass man auf dem letzten Abschnitt aufbauen könne. Er sagte auch: «Für das Schweizer Eishockey ist es doch grossartig, dass es zu einem siebenten Spiel kommt.»
Der Lausanne HC existiert seit 1922 – und wartet noch auf seinen ersten Titel
Für die neutralen Zuschauer und die Branche ist das sicherlich zutreffend. Der Zwischenstand von 3:3 ist zudem leistungsgerecht in dieser unterhaltsamen Serie, in der erstaunlich viele Tore gefallen sind. Und stets das Heimteam gewonnen hat. Im ZSC aber hätten sie auf diesen Nervenkitzel verzichten können. Für die Organisation steht am Dienstag viel auf dem Spiel, denn eigentlich sind die Rollen klar verteilt: Der ZSC muss, Lausanne darf Meister werden.
Die Zürcher starteten im September als Titelfavorit, für Lausanne ging es darum, den schmählichen Sturz auf Platz 11 aus der Vorsaison vergessen zu machen. Längst hat dieses Team alle Erwartungen übertroffen. Es wirkt, als würde es davon getragen, dass der Ballast der düsteren letzten Jahre abgeworfen werden konnte; mehrere Spieler befinden sich in der Form ihres Lebens, so auch der Nationalstürmer Damien Riat, der am Samstag zwei Treffer erzielte.
Bisher hat sich der ZSC in dieser Saison jedes Problems entledigen können, er fand stets eine Antwort zum opportunen Zeitpunkt. Am Dienstag wartet der ultimative Test. Vielleicht kann der ZSC Zuversicht daraus ziehen, dass es bereits 2022 und 2023 eine Belle gab und dabei jeweils das Heimteam gewann. Oder aus dem Umstand, dass der Stadion-DJ in der Swiss-Life-Arena The Offspring nicht im Sortiment führt. Es ist so etwas wie die inoffizielle Hymne des Lausanne HC. Eines Klubs, der in seinem mehr als hundertjährigen Bestehen noch nie einen Titel errungen hat.