Real Madrid in Champions League: „Kylian Mbappé ist die Kirsche ...
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Der 4. Dezember des vergangenen Jahres gilt als der schwärzeste Tag in Kylian Mbappés Zeit bei Real Madrid. Im Spiel gegen Athletic Bilbao war in der 60. Minute Reals Außenverteidiger Lucas Vázquez im Strafraum von den Beinen geholt worden, der Schiedsrichter zeigte sofort auf den Punkt, und Mbappé ließ keinen Zweifel aufkommen: Er werde schießen.
Nervös wartete er auf die Freigabe, unterbrach den langen Anlauf mehrmals, blickte auf den Torwart und schloss überhastet ab in die rechte Ecke, noch bevor sich Bilbaos Torwart Julen Agirrezabala bewegt hatte. Der Keeper hatte keine Probleme, den Ball abzuwehren. Der Star aus Frankreich vergrub die Hände in den Armen, es war sein zweiter verschossener Elfmeter. Schon die gesamte Hinrunde lief es nicht gut, ihm fehlte die Bindung zum Spiel, er lief viel ins Abseits.
„Mbappé macht Manchester City kaputt“
Und nun: alles anders in der Champions League. Drei Mal traf der Franzose am Mittwochabend im Rückspiel der Play-offs beim 3:1 gegen Manchester City. Selbst die sonst eher zurückhaltende „El País“ titelt: „Mbappé macht Manchester City kaputt, und Madrid steht im Achtelfinale.“
Es waren drei wunderschöne Tore. Nach einem langen Ball von Innenverteidiger Asencio aus der eigenen Hälfte war Mbappé schneller als alle anderen und hob den Ball mit viel Gefühl und trotzdem genügend Druck mit dem Innenrist über den herausgelaufenen Torwart Ederson ins Tor. Da waren noch keine vier Minuten gespielt, doch Citys Trainer Guardiola drehte sich weg, als wüsste er schon, was noch kommen wird.
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Das 2:0 trieb im Bernabéu-Stadion manchen Fan gar die Tränen in die Augen, so schön war es herausgespielt. Im Mittelfeld fand Bellingham den langen Passweg auf Vinicius, der auf die rechte Seite gewechselt war. Der Brasilianer passte vor dem Strafraum auf Rodrygo, der Außenverteidiger Khusanov tunnelte und auf Mbappé durchsteckte. Der ließ noch einen Gegenspieler mit einem Haken aussteigen und schloss um 2:0 ab.
Im Grunde war nur das 3:0 ein echter Alleingang. Die Situation schien weitaus ungefährlicher als andere Spielszenen, doch an der Strafraumgrenzen ließ der Franzose gleich mehrere Gegenspieler mit einem Übersteiger ins Leere laufen, legte sich den Ball kurz auf den linken Fuß und schloss überlegt in die lange Ecke ab. Ein Tor wie von Cristiano Ronaldo, sagten die Kommentatoren. Fröhlich sprintete Mbappé über den Rasen, hielt die drei Finger vor die Tribüne und in die Kameras. Ein Hattrick, den ihn vor Kurzem wenige zugetraut hatten.
Auch das Kollektiv beeindruckt
Was an diesem Abend auffiel: Das ganze Team spielte nicht nur ums Weiterkommen, sondern auch für Kylian Mbappé. Von allen schien an diesem Abend eine schwere Last zu fallen. Sie suchten ihn, legten ihm auf, selbst aus guten Positionen zum eigenen Abschluss passten sie auf ihn wie mehrmals Vinicius. Erst als Mbappé drei Tore erzielt hatte, spielte der Brasilianer wieder etwas eigensinniger, suchte selbst sein Tor.
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Sosehr Mbappé nach dem Spiel also im Fokus steht, war es doch die Mannschaftsleistung, die besonders beeindruckte. Ascencio, ein Notnagel aus dem B-Team, der nur wegen der Verletzungsnöte in der Innenverteidigung in die Mannschaft kam, verteidigte sicher und spielte lange Bälle in den Lauf der Stürmer wie einst Toni Kroos.
Valverde machte als offensiver rechter Verteidiger die verletzten Carvajal und Lucas Vázquez vergessen und wechselte sich im Angriff wie in der Verteidigung oft mit dem Brasilianer Rodrygo ab, der inzwischen ein wenig in der Position von Altstar Luka Modric spielt. Dani Ceballos war bereits 2017 als junges Talent nach Madrid gekommen, und alle, die es gut mit ihm meinten, dürften ihm einen Vereinswechsel nahegelegt haben. Gegen City spielte er auf der Kroos-Position, nicht ganz so souverän wie der Deutsche, gab Reals Spiel aber doch die Struktur, die vor dem Jahreswechsel oft vermisst wurde.
Trainer Carlo Ancelotti schüttelte nach dem Spiel Pep Guardiola die Hand und ging unaufgeregt wie immer in die Kabine. Dabei ist er der Architekt dieses Real Madrid. Er hat das Gleichgewicht für seine Mannschaft wiedergefunden. Leicht hat es ihm die Vereinsführung mit ihrer Transferpolitik nicht gemacht.
„Ich möchte Geschichte schreiben“
So mancher Spieler musste in dieser Saison auf einer Position spielen, die ihm fremd ist. Doch gegen Manchester City trat das Team auf wie aus einem Guss. Ancelotti lobte Mbappé zwar als „Kirsche auf der Torte“, vergaß aber auch nicht dessen Mitstreiter: „Sie machen den Unterschied durch kollektive Arbeit.“
Selbst City-Coach Guardiola zeigte sich im Bernabéu-Stadion beeindruckt. Es sei das beste Real der vergangenen Jahre, schnell, technisch sicher mit viel Ballbesitz und einer hohen Verteidigung, schwärmte der Katalane über den Verein, zu dem er eine ganz besondere Rivalität pflegt. Mbappé freute sich im spanischen Fernsehen über den Hattrick, sagte aber auch, wichtiger als seine Tore seien ihm die Titel.
Er habe schon viele Tore in seiner Laufbahn geschossen, erklärte der ehemalige Stürmer aus Paris strahlend, jetzt wolle er mit Real Madrid auch internationale Titel gewinnen. „Ich möchte hier eine Ära begründen und Geschichte schreiben“, sagte Kylian Mbappé. 18 Treffer aus den zurückliegenden 18 Pflichtspielen sind schon mal ein guter Anfang.