Mutmaßlicher Anschlag in München: Viele offene Fragen
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Stand: 14.02.2025 04:47 Uhr
Was war das Motiv des Mannes, der gestern in eine ver.di-Demonstration fuhr? Die Polizei will heute gegen 11 Uhr über den Stand der Ermittlungen informieren. Frühere Angaben zum Verdächtigen mussten die Behörden am Abend korrigieren.
Am Tag nach dem mutmaßlichen Anschlag auf einen Demonstrationszug in München sind noch viele Fragen offen - allen voran die nach dem Motiv des Täters. Aber auch über die Konsequenzen dürfte weiter diskutiert werden und über die Frage, warum die Behörden kurz nach der Tat Angaben zum Tatverdächtigen veröffentlichten, die sie wenige Stunden später korrigieren mussten.
Der tatverdächtige 24-jährige Afghane war gestern mit seinem Auto in einen Demonstrationszug der Gewerkschaft ver.di gerast. Mindestens 30 Menschen wurden verletzt. Nach Angaben von Oberbürgermeister Dieter Reiter vom Abend schweben einige noch in Lebensgefahr.
Am Vormittag soll in München zunächst das stille Gedenken im Mittelpunkt stehen. An den Ort des Geschehens unweit des Hauptbahnhofs werden dazu auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier und Ministerpräsident Markus Söder kommen. Am späten Vormittag wollen die Behörden dann über den Stand der Ermittlungen informieren.
Kerzen am Tatort unweit des Münchner Hauptbahnhofs.
Afghane war "absolut rechtmäßig" in Deutschland
Der 24-Jährige soll heute dem Haftrichter vorgeführt werden. Er war Asylbewerber aus Afghanistan. Nach Angaben der Behörden war er Ende 2016 als unbegleiteter minderjähriger Flüchtling nach Deutschland gekommen. Sein Asylverfahren wurde demnach im Jahr 2020 endgültig abgeschlossen, mit einem Ablehnungsbescheid und der Aufforderung zur Ausreise.
Am Abend stellt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann jedoch klar, dass der junge Mann einen gültigen Aufenthaltstitel und eine Arbeitserlaubnis hatte. "Damit war der Aufenthalt des Täters bis zum heutigen Tage nach gegenwärtigem Erkenntnisstand absolut rechtmäßig", sagte Herrmann der Nachrichtenagentur dpa.
Missverständnis wegen Auftritt als Zeuge vor Gericht
Zugleich berichtete der Minister, dass der Mann nach neuesten Erkenntnissen und entgegen erster Informationen nicht wegen Ladendiebstählen auffällig geworden war. Der Mann sei nach dem Schulbesuch und einer Ausbildung als "Ladendetektiv für zwei Sicherheitsfirmen tätig" gewesen. Deshalb habe es zunächst auch ein Missverständnis gegeben, eben weil der Mann in mehreren Ladendiebstahlprozessen aufgetreten sei. "Er war nicht selbst Tatverdächtiger, sondern er war Zeuge", stellt Herrmann klar.
An diesen Missverständnissen sehe man gut, dass es nach dem Vorfall "drunter und drüber" gegangen sei, so ARD-Terrorismusexperte Holger Schmidt. Diese "Chaosphase" habe sich dann auch in die ersten politischen Diskussionen weitergetragen. Das sei nicht glücklich gelaufen, so Schmidt in den tagesthemen. Es sei ratsam, Ermittlungsergebnisse abzuwarten, bevor man zu Bewertungen komme.
Söder: Verdächtiger "wohl bislang eher unauffällig"
Zum Motiv des 24-Jährigen sind noch keine gesicherten Erkenntnisse bekannt. Zunächst hatte es geheißen, es gebe Hinweise auf eine islamistische Einstellung. Laut BR ist jedoch lediglich ein auffälliger Post bestätigt, den der Verdächtige am Vortag der Tat bei Instagram getätigt haben soll. Der Inhalt dieses Posts sei laut Sicherheitskreisen "Oh Allah, beschütze uns immer" gewesen.
Bayerns Ministerpräsident Söder sagte am Abend im ZDF, der Tatverdächtige sei "wohl bislang eher unauffällig" gewesen. "Und auch bisherige extremistische Hintergründe sind jedenfalls nicht auf den ersten Blick so leicht erkennbar." Deshalb müsse jetzt weiter ermittelt werden, was der Grund für die schlimme und furchtbare Tat sei, so der CSU-Politiker.
Die Ermittlungen übernahm die Zentralstelle zur Bekämpfung von Extremismus und Terrorismus bei der Generalstaatsanwaltschaft München. Vom Bundesamt für Verfassungsschutz hieß es, das Amt sei "eng in die Untersuchungen eingebunden" und stehe mit den Behörden vor Ort im Austausch.
Heute soll in München die Sicherheitskonferenz beginnen - unweit des Tatorts. Ob es konkrete Auswirkungen auf die Zusammenkunft der mehr als 60 Staats- und Regierungschefs gibt, war zunächst unklar. Ein Zusammenhang zwischen der Tat und der Sicherheitskonferenz ist laut Angaben der Polizei vom Donnerstag jedenfalls nicht erkennbar.