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Horst Köhler gestorben: Wie der politische Bundespräsident ...

Horst Köhler gestorben Wie der politische Bundespräsident
Der frühere deutsche Bundespräsident ist am Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren gestorben. Mehr noch als seine Vorgänger mischte er sich von Anfang an in das politische Geschehen ein. Das kam bei der Bevölkerung an, brachte ihm aber auch Kritik ein.

Der frühere deutsche Bundespräsident ist am Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren gestorben. Mehr noch als seine Vorgänger mischte er sich von Anfang an in das politische Geschehen ein. Das kam bei der Bevölkerung an, brachte ihm aber auch Kritik ein.

Der frühere deutsche Bundespräsident Horst Köhler im Dezember 2023 auf der Beerdigung des früheren deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble.

Der frühere deutsche Bundespräsident Horst Köhler im Dezember 2023 auf der Beerdigung des früheren deutschen Finanzministers Wolfgang Schäuble.

Annegret Hilse / Reuters

Es waren nur wenige Minuten. Doch diese reichten, um ein politisches Beben auszulösen. Kein Bundespräsident zuvor hatte so abrupt seinen Rücktritt erklärt wie Horst Köhler am 31. Mai 2010. «Es war mir eine Ehre, Deutschland als Bundespräsident zu dienen», sagte der damals 67-Jährige in einem kurzen Auftritt vor der Presse in seinem Amtssitz Schloss Bellevue. Dabei war der studierte Volkswirt der mit Abstand beliebteste Politiker im Land und gerade ein Jahr zuvor wiedergewählt worden.

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Erst später hat Köhler sein Schweigen gebrochen und sich zu seinem damaligen Entschluss geäussert: «Ich bin zurückgetreten, um Schaden vom Amt abzuwenden», sagte der ehemalige IWF-Chef in einem Gespräch mit der Wochenzeitung «Die Zeit» im Jahr 2011. «Die Angriffe auf mich im Zusammenhang mit meinen Äusserungen über sicherheitspolitische Interessen Deutschlands waren ungeheuerlich und durch nichts gerechtfertigt.»

Köhler war wegen seiner Äusserungen zum Afghanistan-Einsatz der Bundeswehr scharf kritisiert worden. Auf dem Rückflug von einem Besuch in Afghanistan hatte das Staatsoberhaupt ein Hörfunk-Interview gegeben und darin gesagt, im Notfall sei auch «militärischer Einsatz notwendig», um «unsere Interessen zu wahren, zum Beispiel freie Handelswege». Von einem «präsidialen Fehltritt» und «extremen Positionen» war danach die Rede.

Köhler selbst beklagte, seine Worte seien bewusst missverstanden worden, und er vermutete eine parteipolitische Instrumentalisierung. «Es war die Rede von der Befürwortung von Wirtschaftskriegen und möglichem Verfassungsbruch», sagte Köhler in dem «Zeit»-Interview. «Kann man einem Bundespräsidenten angesichts der deutschen Geschichte des 20. Jahrhunderts Schlimmeres vorwerfen?»

Köhler war kein Parteipolitiker

2004 kam mit Köhler erstmals ein Nicht-Politiker ins höchste Staatsamt. Anders als seine Vorgänger war er in kein politisches Netzwerk eingebunden. Dies liess ihn oft unabhängiger agieren. Denn Köhler war zwar 1981 in die CDU eingetreten, hatte aber nie ein Parteiamt inne.

Köhlers Nominierung war Teil eines strategischen Plans. Als die Vorsitzenden von Christlichdemokraten und Liberalen, Angela Merkel und Guido Westerwelle, den damaligen Chef des Internationalen Währungsfonds für das höchste Staatsamt vorschlugen, spekulierten sie auf eine schwarz-gelbe Koalition nach der Bundestagswahl. Aber die Koalitionspläne gingen 2005 nicht auf. Merkel wurde zwar bei der vorgezogenen Neuwahl Kanzlerin, regierte aber zusammen mit den Sozialdemokraten.

2009 wurde Köhler vom bürgerlichen Lager in der Bundesversammlung wiedergewählt und setzte sich damit gegen die sozialdemokratische Kandidatin Gesine Schwan durch. Er selbst hatte mehrfach eine direkte Wahl des Staatsoberhauptes angeregt.

Köhler mischte sich von Anfang an in das politische Geschehen ein, mehr als seine Vorgänger. Das kam bei der Bevölkerung an, brachte ihm aber in der Politik auch Kritik ein. Immer wieder mahnte er Reformen und mehr Investitionen in die Bildung an. «Wir können uns kein verlorenes Jahr mehr leisten», warnte Köhler bereits in seiner Antrittsrede im Juli 2004. Er selbst beschrieb sich als offen und notfalls unbequem.

Lebenslanges Engagement für Afrika

Gleich zwei Gesetze der Bundesregierung unterzeichnete er nicht. Seine Unterschrift unter das Gesetz zur Privatisierung der Flugsicherung verweigerte Köhler 2006. Wenige Wochen später stoppte er das Gesetz zur Verbraucherinformation, weil er verfassungsrechtliche Bedenken hatte.

Aussenpolitisch setzte sich Köhler für Globalisierung und eine faire Partnerschaft mit Afrika ein. Er brachte Politiker, Unternehmer, Intellektuelle und Künstler beider Kontinente an einen Tisch. Mehrfach besuchte er während seiner Amtszeit und auch danach den afrikanischen Kontinent.

Köhler wurde am 22. Februar 1943 im damals von deutschen Truppen besetzten polnischen Skierbieszow geboren. Er war das siebte von acht Kindern. Die Familie floh vor der Roten Armee und versuchte zunächst, sich in der Nähe von Leipzig eine Existenz aufzubauen. 1953 siedelte sie in das schwäbische Ludwigsburg über. In Tübingen studierte Köhler Volkswirtschaft, promovierte und stieg im Bundesfinanzministerium bis zum Staatssekretär auf.

1993 wechselte er überraschend aus der Politik an die Spitze des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes, wofür er familiäre Gründe nannte. Danach leitete er die Europäische Bank für Wiederaufbau und Entwicklung und wurde im Jahr 2000 zum Direktor des IWF berufen.

Köhler betonte immer wieder, sich nicht ins höchste Staatsamt gedrängt zu haben. «Ich habe mich für das Amt des Bundespräsidenten in die Pflicht nehmen lassen. Die Anfrage schmeichelte mir, aber 80 Prozent war Pflichtgefühl», sagte Köhler später.

Nach seinem Ausscheiden aus Schloss Bellevue blieb Köhler seinem Engagement für Afrika treu. Er war lange Uno-Sonderbeauftragter für Westsahara. 2006 gründete Köhler zusammen mit seiner Frau die Eva-Luise und Horst Köhler Stiftung für Menschen mit seltenen Erkrankungen. In Tübingen nahm er eine Honorarprofessur an.

Die letzten Jahre blieb es ruhig um Köhler. Er starb am frühen Samstagmorgen im Alter von 81 Jahren nach kurzer, schwerer Krankheit, wie das Bundespräsidialamt in Berlin mitteilte.

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