Sechs Häuser in Eifelort Schuld eingestürzt - Menschen vermisst
Dutzende Menschen gelten derzeit noch als vermisst; wie viele genau ist unklar. "Das ist die größte Katastrophe für den Kreis Ahrweiler seit dem Zweiten Weltkrieg", sagte Landrat Jürgen Pföhler. Die Hauptaufgabe der Einsatzkräfte sei weiterhin, Menschenleben zu retten, sagte der Landrat.
Suche nach VermisstenHunderte Einsatzkräfte suchen derzeit nach Vermissten. Dabei sind rund 250 Rettungskräfte sowie Hubschrauber der Bundeswehr und der Polizei im Einsatz, so der Bürgermeister der Verbandsgemeinde Adenau, Guido Nisius (CDU).
Inzwischen unterstützen Höhenretter der Feuerwehr Wiesbaden die Einsatzkräfte in den am schlimmsten von Überflutung betroffenen Gemeinden in der Eifel.
Rettung mit HubschraubernLaut Feuerwehr wurden die Spezialisten mit Hubschraubern in das Hochwassergebiet gebracht. Im Landkreis Ahrweiler hätten sie an der Seilwinde des Hubschraubers hängend und unter schwierigen Bedingungen mehrere Menschen retten können, die von den Wassermassen in ihren Häusern, in Fahrzeugen oder auf Bäumen sitzend eingeschlossen waren.
Schaulustige behindern RettungsarbeitenIm besonders betroffenen Ort Schuld haben laut Polizei Schaulustige die Einsatzkräfte behindert. Die Polizei ruft daher die Menschen auf, Rettungswege freizuhalten und gesperrte Straßen zu meiden.
Aus dem Kreis Altenkirchen unterstützen mehr als 200 Feuerwehrleute und Katastrophenhelfer die Einsatzkräfte im Kreis Ahrweiler und in Nordrhein-Westfalen.
Wohl am schlimmsten hat es den Eifelort Schuld erwischt. Allein hier werden dutzende Menschen vermisst, nachdem mehrere Häuser eingestürzt sind. Weitere Häuser sind laut Polizei instabil und ebenfalls einsturzgefährdet.
In der Nacht seien viele Menschen auf Hausdächer oder Vordächer vor den Wassermassen geflüchtet, so der Landrat. Die Rettungseinsätze seien sehr schwierig und teils sogar unmöglich gewesen. "Sie müssen sich das vorstellen", sagte Pföhler, "viele haben die ganze Nacht im Regen auf einem Dach oder dem Dach ihres Campingbuses ausgeharrt, ohne zu wissen, wann Hilfe kommt."
Der Einsatzleiter des Katastrophenstabes Michael Zimmermann sagte, schätzungsweise 1.000 Einsätze im Kreis Ahrweiler müssten heute noch abgearbeitet werden. Mehr als 100 Gebäude im Landkreis sind schwer beschädigt.
Orte nur zu Fuß erreichbar - Straßen gesperrtEtliche Orte in der Region sind von der Außenwelt abgeschnitten. Zahlreiche Straßen und Brücken sind gesperrt. Im Bereich der Bäche und Flüsse besteht Lebensgefahr. Laut Polizei ist das Ahrtal über keine der Zufahrtsstraßen mehr erreichbar. Betroffen sind demnach die Bundesstraßen 257 und 258 sowie zahlreiche Kreisstraßen. Auch zwischen Bad Neuenahr/Ahrweiler bis Sinzig ist kein Durchkommen.
Kein Wasser, kein Strom und kein GasDie Lage ist überall im Kreis verheerend. Kleine Flüsse haben sich in reißende Ströme verwandelt. Nicht nur Gebäude auch die gesamte Infrastruktur wurde beschädigt oder zerstört. "In weiten Teilen des Kreises gibt es keine Trinkwasserversorgung, keinen Strom und kein Gas", sagte Landrat Pföhler. Die Wasserversorgung ist zusammengebrochen, weil die Pumpen des Wasserwerks Remagen keinen Strom haben.
Die Polizei hat inzwischen eine Telefon-Hotline eingerichtet, an die sich besorgte Angehörige wenden können, wenn sie jemanden vermissen. Sie ist unter der Nummer 0800-6565651 erreichbar. Außerdem bittet das Polizeipräsidium Koblenz die Menschen im Kreis Ahrweiler um Mithilfe bei der Suche nach Vermissten. Sie sollen Videos und Fotos an die Polizei schicken, die Hinweise auf vermisste Personen und mögliche weitere Tote im Kreis Ahrweiler geben können. Fotos und Videos können unterhttps://rlp.hinweisportal.de/ hochgeladen werden.
Es werde noch Wochen dauern bis die Schäden beseitigt seien, so der Landrat. Von den 13 kreiseigenen Schulen seien zehn vom eindringenden Wasser so stark beschädigt, dass sie vorerst nicht genutzt werden könnten. Es sei fraglich, ob der Unterricht dort nach den Ferien weitergehen könne.
Menschen müssen medizinisch versorgt werdenDer Einsatzleiter für den Bereich Gesundheit, Oliver Rodack, sagte, er gehe davon aus, dass viele Menschen, die diese Nacht in den überschwemmten Gebieten verbracht hätten, jetzt auch medizinische Hilfe bräuchten. Es seien deshalb Rettungskräfte aus dem ganzen Land angefordert worden, um Verletzte zu versorgen.
Am schlimmsten hat es den Ort Schuld in der Verbandsgemeinde Adenau getroffen. Hier laufen die Bergungseinsätze, nachdem sechs Häuser eingestürzt und viele weitere einsturzgefährdet sind.
Das SWR Fernsehen informiert den ganzen Tag über mit Sondersendungen über die Hochwasserlage in Rheinland-Pfalz. Aktuelle Programmhinweise gibt es hier.
Auch die Radiowellen des SWR beschäftigen sich ausführlich mit den Auswirkungen der schweren Regenfälle. Die Livestreams finden Sie hier.
Die Landesregierung wird eine Katastrophenhilfe für die Unwetterregionen in Höhe von 50 Millionen Euro zur Verfügung stellen. Das habe das Kabinett auf einer Sondersitzung beschlossen, sagte Ministerpräsidentin Malu Dreyer (SPD) dem SWR. Das Geld solle sehr schnell bereit gestellt werden. Es solle helfen, die Einrichtungen und die Infrastruktur in den Kommunen ganz schnell wieder aufzubauen. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) hätten ihr in Telefonaten finanzielle Unterstützung durch den Bund zugesagt. Darüber sei sie sehr froh - so Dreyer - denn eine solche Katastrophe habe das Land noch nicht erlebt.
Dreyer äußerte sich im Landtag bestürzt über die Flut-Katastrophe. Die Überschwemmungen seien eine Katastrophe. Sie dankte den Einsatzkräften und sprach den Opfern ihr Mitgefühl aus. Derzeit sei auch das Mobilfunknetz nicht stabil, aber es werde daran gearbeitet, dass die Hotline stabil erreichbar sei.