Venezuela reagiert auf Wahlkritik: Diplomaten werden abgezogen
Die internationale Kritik an der umstrittenen Präsidentenwahl ist massiv. Venezuela reagiert scharf.
(dpa)
Venezuela hat wegen Kritik an der mit Fälschungsvorwürfen begleiteten Präsidentenwahl angekündigt, sein gesamtes diplomatisches Personal aus mehreren lateinamerikanischen Ländern abzuziehen. Venezuela weise «die Einmischung und die Erklärungen einer Gruppe rechter Regierungen» auf das Schärfste zurück, teilte Venezuelas Aussenminister Yvan Gil auf der Plattform X mit.
Bei den Ländern handelt es sich um Argentinien, Chile, Costa Rica, Peru, Panama, die Dominikanischen Republik und Uruguay. Dies sind grösstenteils die Staaten, die zuvor eine Dringlichkeitssitzung des Ständigen Rates der Organisation Amerikanischer Staaten (OAS) beantragt haben, um eine Resolution zu erreichen. Venezuela verlange ausserdem von diesen Regierungen den sofortigen Abzug ihrer Vertreter auf venezolanischem Staatsgebiet.
Der Nationale Wahlrat (CNE) hatte Amtsinhaber Maduro offiziell zum Wahlsieger erklärt. Damit kann der linke Staatschef im Januar 2025 seine dritte sechsjährige Amtszeit antreten. Nach offiziellen Angaben kam Maduro bei der Abstimmung am Sonntag auf 51,2 Prozent der Stimmen. Der Oppositionskandidat Edmundo González Urrutia erhielt demnach 44,2 Prozent.
Die Opposition erkannte das offizielle Ergebnis nicht an und reklamierte den Sieg für ihren Kandidaten Edmundo González Urrutia. Sie warf der Regierung Wahlbetrug vor. Auch die US-Regierung, die Europäische Union und eine Reihe lateinamerikanischer Staaten meldeten Zweifel an dem offiziellen Wahlergebnis an. Vor der Wahl am Sonntag hatten mehrere Umfragen einen Sieg der Opposition prognostiziert. Beobachter gingen allerdings schon vor der Abstimmung nicht davon aus, dass die Wahl frei und fair ablaufen würde.
EU spricht von «zahlreichen Mängeln und Unregelmässigkeiten»
Auch die EU hat unterdessen scharfe Kritik am Ablauf der Präsidentenwahl in Venezuela geübt. «Glaubwürdige Berichte von inländischen und internationalen Beobachtern deuten darauf hin, dass die Wahlen von zahlreichen Mängeln und Unregelmässigkeiten überschattet wurden», teilte der EU-Aussenbeauftragte Josep Borrell mit. Hindernisse für die Teilnahme von Oppositionskandidaten, Mängel im Wählerregister und ein ungleicher Zugang zu den Medien hatten zu ungleichen Wahlbedingungen beigetragen.
Dazu, dass der Nationale Wahlrat (CNE) Amtsinhaber Nicolás Maduro zum Wahlsieger erklärte, sagte Borrell: «Die Wahlergebnisse wurden nicht verifiziert und können nicht als repräsentativ für den Willen des venezolanischen Volkes angesehen werden, bis alle offiziellen Aufzeichnungen der Wahllokale veröffentlicht und überprüft wurden». Die EU fordere den Wahlrat auf, sofort Zugang zu den Wahldokumenten jedes Wahllokals und der Veröffentlichung der aufgeschlüsselten Wahlergebnisse zu gewähren. Zudem müssten alle nach der Wahl eingereichten Beschwerden und Missstände vollständig von den Behörden untersucht werden.
Ob sich die EU-Staaten im Fall von anhaltenden Zweifeln darauf verständigen können, das kommunizierte Wahlergebnis geschlossen nicht anzuerkennen, ist derzeit allerdings fraglich. Nach Angaben von Diplomaten verhinderte Ungarn, dass die Erklärung des EU-Aussenbeauftragten im Namen aller EU-Staaten veröffentlicht werden konnte.