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Attentat auf Präsidentschaftskandidaten: Der Sieger heisst ...

Attentat auf Präsidentschaftskandidaten Der Sieger heisst
Tod und Triumph liegen in den USA gefährlich nah beieinander. Die politische Gewalt wird den Wahlkampf in diesem Jahr kaum mehr verlassen – wider alle Vernunft.

Tod und Triumph liegen in den USA gefährlich nah beieinander. Die politische Gewalt wird den Wahlkampf in diesem Jahr kaum mehr verlassen – wider alle Vernunft.

«Ich spürte sofort, wie die Kugel meine Haut aufriss»: Donald Trump überlebt Attentat in Pennsylvania.

«Ich spürte sofort, wie die Kugel meine Haut aufriss»: Donald Trump überlebt Attentat in Pennsylvania.

Gene J. Puskar / AP

Zufälle entscheiden mitunter über den Gang der Geschichte. Die Kugel, die ein junger Mann am Samstag von einem Gebäudedach herunter auf Donald Trump abfeuerte, hat ihr Ziel um wenige Zentimeter verfehlt. Doch es reichte gerade noch, um ein paar Blutspritzer auf seinem Gesicht zu hinterlassen. Die Bilder davon werden mit Sicherheit in die Geschichtsbücher eingehen: wie ein von Sicherheitsleuten umzingelter Trump sich seinen Anhängern zuwendet und die Faust kämpferisch in die Höhe reckt. Sekunden nachdem er dem Tod entkommen ist, sendet er mit seinem phänomenalen Instinkt für Medienauftritte eine mächtige Botschaft an das Land: Ich bin stark, ich bin unbezwingbar.

Als vor einem Jahr über die Wahl der beiden Präsidentschaftskandidaten durch ihre Parteien debattiert wurde, bemühten sich viele Kommentatoren um eine faire Darstellung Joe Bidens und Donald Trumps: Beide sind die ältesten Kandidaten in der Geschichte der USA, und bloss drei Jahre trennen sie. Doch die Bilder vom Samstag wischen das alles weg. Während die Altersschwäche Bidens täglich für alle Beobachter greifbar ist, ist der Kraftprotz Trump nicht einmal durch eine Gewehrkugel unterzukriegen. Wie Biden im weiteren Wahlkampf gegen diesen Mann bestehen könnte, ist nach diesem Wochenende noch weniger vorstellbar als zuvor.

Wo wird die politische Gewalt enden?

Wäre die Szenerie vom Samstag ein Film, würde man als Zuschauer müde mit der Schulter zucken. Der Streifschuss am Ohr ist ein vielbemühter Topos von Actionfilmen, um den Helden in dramatischen Situationen knapp überleben zu lassen. Doch das vereitelte Attentat war kein Film, er war blutiger Ernst. Ein unbeteiligter Besucher von Trumps Rally ist durch die Schüsse gestorben, zwei weitere wurden schwer verletzt. Das zeigt, wie besorgniserregend nah die politische Kultur in den USA an die Grenze zur rohen Gewalt gerückt ist.

In der politischen Rhetorik auf allen Seiten haben sich diese Grenzen schon länger verwischt. Der Sturm auf das Capitol am 6. Januar 2021, zu dem Trump selbst eine wilde Meute von Anhängern angestachelt hatte, war bisher ein trauriger Höhepunkt. Er hinterliess mehrere Tote. Nun folgt ein Attentat am helllichten Tag auf Trump selbst. Und wieder gibt es einen Toten. Wo wird das enden?

Diese Frage treibt nun viele Menschen im Lande um. Niemand weiss die Antwort, aber die Stimmung ist wenig hoffnungsvoll. Zwar hat Joe Biden reagiert, wie das von einem verantwortungsvollen Präsidenten erwartet wird. Er hat mit seinem Herausforderer telefoniert und ihm gute Besserung gewünscht. Den «kranken» Mordversuch und die politische Gewalt hat er an einer Medienkonferenz scharf verurteilt. Auch führende Medien auf der liberalen wie der konservativen Seite verurteilten die Gewalt und riefen das Land zu Einheit und Mässigung auf.

Radikalisierung ist Programm

Aber das dürfte wenig ändern an einem politischen Umfeld, das auf beiden Seiten aufgeheizt und polarisiert ist wie selten zuvor. Sofort kam von republikanischer Seite der Vorwurf an die Demokraten, durch eine Dämonisierung Trumps den Boden für ein solches Attentat zu bereiten. Das ist nicht ganz unbegründet. Zwar ruft niemand in Bidens Kampagne zu Gewalt und Mord auf. Aber es ist auch nicht völlig abwegig zu befürchten, dass die häufige Darstellung Trumps als Gefahr für die Demokratie und künftiger Diktator einzelne Menschen verängstigen und zu radikalen Taten motivieren könnte. Umgekehrt gibt es zahllose Beispiele von Aussagen Trumps selbst, die als Aufforderung zu politischer Gewalt interpretiert werden können, auch wenn er das jeweils abstreitet.

Rhetorische Abrüstung wäre auf beiden Seiten dringend nötig. Dass dies kaum passieren wird, hat in erster Linie strategische Gründe. Trump baut sein Image und seine Kampagne seit je auf der Behauptung auf, er müsse seine Anhänger und das Land vor übermächtigen düsteren Kräften, vor einem «deep state», schützen. Wenn er unmittelbar nach dem Attentatsversuch seine Faust in die Höhe reckt und seinen Anhängern zuruft: «Kämpft, kämpft, kämpft», knüpft er genau an diese Strategie an. Sie ist auf ein Feindbild angewiesen, dem schlimmste Motive unterstellt werden. Darauf wird die Trump-Kampagne kaum verzichten, im Gegenteil, in dem Attentatsversuch wird sie eine Bestätigung finden.

Auf der Gegenseite hat auch Biden seine Wahlkampagne ganz auf die Behauptung ausgerichtet, er müsse das Land vor einer Rückkehr Trumps bewahren, der Rechtsstaat und Demokratie demontieren und die USA in eine Diktatur verwandeln werde. Befürchtungen in diese Richtung sind nicht unbegründet, so hat Trump etwa selbst angekündigt, er werde nach seiner Wiederwahl zumindest für einen Tag Diktator sein. Sein Verhalten nach der verlorenen Wahl 2020 deutet auf wenig Respekt vor der Verfassung hin, wenn diese seinen persönlichen Interessen entgegensteht. Doch die Rhetorik Bidens ist radikal. Auch er wird kaum darauf verzichten, da seine Kampagne sonst so schwach ist.

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