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Der tiefe Fall eines einstigen Silicon-Valley-Stars

Der tiefe Fall eines einstigen SiliconValleyStars
Elisabeth Holmes wollte mit Theranos Bluttests revolutionieren – und schaffte es als jüngste Selfmade-Milliardärin sogar auf das Cover von Forbes. Dann folgte der tiefe Sturz des einst gefeierten Stars aus dem Silicon Valley.

Die einstige US-Vorzeigeunternehmerin Elizabeth Holmes ist des Betrugs an Investoren schuldig gesprochen worden. Die Geschworenen sahen vier von insgesamt elf Anklagepunkten als erfüllt an, wie aus Gerichtsunterlagen in der Nacht zum Dienstag hervorging. Holmes hatte das letztlich gescheiterte Bluttest-Start-up Theranos gegründet und mehrere hundert Millionen Dollar bei Investoren eingenommen. Die 37-Jährige hatte den Betrugsvorwurf stets zurückgewiesen und kann gegen das Urteil noch in Berufung gehen.

Über das Strafmaß wird Richter Edward Davila zu einem späteren Zeitpunkt entscheiden. Theoretisch drohen Holmes bis zu 20 Jahre Gefängnis pro Anklagepunkt – allerdings gingen Prozessbeobachter in den USA davon aus, dass die Strafe deutlich milder ausfallen dürfte.

Das große Versprechen von Theranos war, Bluttests zu revolutionieren: Nur wenige Tropfen aus dem Finger sollten reichen, um auch umfangreiche Analysen durchzuführen. Die Gesamtbewertung von Theranos erreichte in den Finanzierungsrunden bis zu 9 Milliarden Dollar, auch das Vermögen von Holmes – die im vergangenen Jahr Mutter wurde – betrug damit zumindest auf dem Papier mehrere Milliarden Dollar.

Mit Steve Jobs verglichen

Holmes, die Theranos als 19-jährige Studienabbrecherin der Elite-Uni Stanford gründete, wurde als Visionärin gefeiert. Medien verglichen sie mit Apple-Gründer Steve Jobs – was von ihrer Vorliebe für schwarze Rollkragenpullover noch unterstützt wurde.

Unter anderem die Drogerie-Kette Walgreens stieg ein und verkaufte Theranos-Bluttests in ihren Läden. Wie sich jedoch herausstellte, funktionierte die Theranos-Technologie nie ausreichend verlässlich. So wurden Tests nicht mit eigenen Maschinen der Firma, sondern mit Labortechnik anderer Hersteller durchgeführt, die von Theranos-Technikern auf eigene Faust umgeändert wurde. Investoren und der Öffentlichkeit wurde das verschwiegen.

Ein zentrales Problem dieser Methode war, dass die Maschinen auf größere Mengen Blut aus den Venen der Patienten ausgelegt waren. Theranos streckte deswegen die kleinen Fingerproben, was aber zu Problemen mit der Genauigkeit einiger Tests führte.

Ein weiterer Faktor war laut Experten, dass der Druck auf die Fingerkuppen bei der Blutabnahme die Beschaffenheit der Proben verändert – was ebenfalls zu falschen Analysewerten führen könne. Die Ergebnisse dienen Ärzten aber als Anhaltspunkt für mögliche Erkrankungen und Behandlungen. Theranos musste schließlich auf breiter Front Testergebnisse annullieren.

Mattis und Kissinger im Verwaltungsrat

Die Probleme wurden 2015 mit einer Serie von Enthüllungsberichten im „Wall Street Journal“ bekannt, die Theranos zunächst mit Hilfe von Anwälten zu unterdrücken versuchte. Holmes stritt alles ab, aber die Artikel riefen US-Regulierungsbehörden auf den Plan, die unter anderem die Labore der Firma unter die Lupe nahmen. Theranos musste dichtmachen – und die Geldgeber gingen leer aus.

In einer pikanten Wendung war auch der Besitzer der Zeitung „Wall Street Journal“, Rupert Murdoch, unter den Theranos-Investoren, die schließlich ihr Geld verloren. Es gibt aber keine Hinweise darauf, dass er in die Berichterstattung eingriff. Holmes hatte einflussreiche Figuren wie die Ex-Außenminister Henry Kissinger und George Shultz sowie Donald Trumps späteren Verteidigungsminister James Mattis in den Verwaltungsrat geholt. Sie verliehen Theranos Glaubwürdigkeit, hatten aber keine Expertise in der Medizintechnik.

In der Familie von George Shultz sorgte die Kontroverse für ein jahrelanges Zerwürfnis. Shultz' Enkel Tyler, der zeitweise bei Theranos gearbeitet hatte, war eine der Quellen der Enthüllungen. Sein Großvater hielt aber lange danach noch zu Holmes. Einige Geldgeber trugen auch den Eindruck davon, dass Theranos-Technologie für den Einsatz durch das US-Militär in Kriegsschauplätzen im Rennen sei. Sondierungen dazu liefen jedoch in Wirklichkeit schnell in die Sackgasse.

Die Anklage warf Holmes vor, Geldgeber bewusst hinters Licht geführt zu haben, um an die Investitionen für Theranos zu kommen. Die Geschworenen sahen das bei drei Geldspritzen bestätigt – und sprachen Holmes in einem weiteren Anklagepunkt auch der Verschwörung zum Betrug schuldig.

Holmes sagte in dem Prozess aus, sie habe aufrichtig an die Technologie geglaubt, sei als Chefin aber nicht über alle Probleme informiert worden. Für eine Verurteilung mussten die Ankläger die Geschworenen – acht Männer und vier Frauen – überzeugen, dass Holmes Investoren mit betrügerischen Absichten falsch informiert und Fehler bei Tests von Patienten in Kauf genommen habe. Bei drei Anklagepunkten konnten sich die Geschworenen nicht auf das nötige einstimmige Votum einigen. Diese Vorwürfe können die Staatsanwälte noch einmal vor Gericht bringen.

Die Anklage pickte sich speziell die Fälle von zwei Patienten sowie sechs Überweisungen von Theranos-Geldgebern im Höhe zwischen knapp 100.000 und rund 100 Millionen Dollar aus den Jahren 2013 und 2014 heraus. Des gezielten Betrugs an Patienten befanden die Geschworenen Holmes nicht schuldig.

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