Aufgabe in Metz: War es das für Stan Wawrinka?

Es war bemitleidenswert, wie sich Stan Wawrinka in seinem Zweitrundenspiel am ATP250er-Turnier in Metz gegen den Franzosen Luca Van Assche (ATP 70) über den Platz schleppte. Am Ende des Tie-Breaks des zweiten Satzes und nach 1:43 Stunden Spielzeit sah er die Sinnlosigkeit seiner Aufgabe ein, gab auf und schritt zum Handshake ans Netz.

Mit 6:3, 6:7, w.o. verlor er den letzten Match in der Turniersaison 2023. Gezeichnet von Wadenproblemen knickte er sich kurz vor Ende des zweiten Satz auch noch den Fuss um und machte danach keinen Punkt mehr. Zuvor hatte er im Tie-Break zwei Matchbälle nicht nutzen können.

Das Video der Szene, in der er sich den Fuss umgeknickt hat, kursiert auf X, vormals Twitter. Unweigerlich mischte sich eine Spur Mitleid und Wehmut in die Bilder, und die Frage drängte sich auf: War es das für Stan Wawrinka? Das französische Publikum verabschiedete den populären Westschweizer mit einer langen Ovation vom Platz.

Es ist sicher zu früh, um ein definitives Urteil über Wawrinkas Perspektiven abzugeben. Er selbst äusserte sich bis zum Mittwochabend nicht über seine Zukunft als Tennisspieler. In den vergangenen Wochen hatte er mehrmals gesagt, dass er zumindest 2024 weiterhin wettkampfmässig Tennis spielen werde.

Vor zwei Wochen bezeichnete Wawrinka das laufende Jahr an den Swiss Indoors in Basel trotz der Erstrunden-Niederlage gegen den russischen Qualifikanten Alexander Schewtschenko (ATP 63) als durchaus gelungen. Auch wenn ihm ein Highlight in Form eines Turniersieges fehlt: Übertrieben war das nicht.

Im Januar hatte der Romand die Saison als Nummer 148 des Rankings begonnen. Nun beendet er die Saison trotz der Niederlage in Metz unter den besten 50 im Ranking. Im Sommer stiess er im kroatischen Umag bis in den Final vor, in dem er gegen den Australier Alexander Popyrin in drei Sätzen verlor. Am US Open erreichte er noch die dritte Runde gegen den italienischen Top-Ten-Spieler Jannik Sinner. Doch der Herbst war geprägt von enttäuschenden Resultaten. Wawrinka gewann nur noch drei von zehn Partien und verlor fünfmal in der ersten Runde.

Im März wird Wawrinka seinen 39. Geburtstag feiern und ist damit der älteste Spieler unter den besten 100 des Rankings. 2014 (Australian Open), 2015 (Roland-Garros) und 2016 (US Open) hatte er drei Grand-Slam-Titel gewonnen und sich im Ranking bis auf Position 3 vorgearbeitet.

Doch kurz darauf begann seine Leidenszeit. Zuerst eine schwere Knieoperation, dann Probleme mit den Füssen. Die zwangen ihn zu mehreren Operationen und stellten die Fortsetzung seiner Karriere bereits mehrmals infrage. Doch Wawrinka ist ein Kämpfer. Immer wieder kehrte er auf die Tour zurück. Seit einem Jahr arbeitet er wieder mit seinem schwedischen Erfolgstrainer Magnus Norman zusammen. Wiederholt sagte er, sein Ziel sei es, noch einmal einen Titel zu gewinnen. Egal auf welcher Turnierstufe.

Der 16. und bisher letzte seiner Turniersiege im Mai 2017 in Genf liegt mittlerweile sechseinhalb Jahre zurück und datiert aus der Zeit, bevor sein Körper zu rebellieren begann. Seither erreichte er noch drei Finals, verlor diese aber allesamt.

Doch trotz dem unschönen Saisonende im französischen Metz ist es zu früh, Wawrinka bereits jetzt abzuschreiben. In der Vergangenheit haben Experten seine Karriere schon mehrmals für beendet erklärt. Doch immer wieder hatte sich Wawrinka diesen Prognosen widersetzt und war zurückgekehrt. Doch mit jeder weiteren Verletzung, jeder neuen Pause, zu der ihn sein Körper zwingt, steigt auch die Wahrscheinlichkeit, dass das Ende seiner Karriere unaufhaltsam näher rückt. Wann auch immer er sich zurückziehen wird. Er wird als ganz Grosser gehen und im Tennis-Zirkus fehlen.