SRF Arena: Sanija Ameti teilt aus – dann wird ein Unternehmer persönlich
Sanija Ameti ging in der «Arena» mit den Parteien hart ins Gericht.screenshot: srf
Review
Sanija Ameti legte sich in der EU-«Arena» mit allen an. Dabei musste sie einige Konter einstecken, brachte aber auch einen Unternehmer in Erklärungsnot.
08.10.2022, 00:5208.10.2022, 01:22
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Austeilen kann sie. Und zwar nicht nur nach rechts oder nach links, sondern in alle Richtungen. Die Rede ist von Sanija Ameti, die im Oktober 2021 das Co-Präsidium der Operation Libero übernahm. Genau ein Jahr später gehörte ihr in der «EU»-Arena die grosse Bühne. Und die Juristin setzte zum grossen Rundumschlag gegen sämtliche Parteien und den Bundesrat an. Von den anderen Diskussionsteilnehmern bekam Ameti deswegen einiges zu hören, weshalb am Ende des Abends auch beantwortet werden konnte, ob die 30-Jährige auch einstecken kann.
Doch von vorne.
Das SRF hatte am Freitagabend zur Arena mit dem Titel «Kommt das gut zwischen Bern und Brüssel?» geladen. Dem Ruf gefolgt waren folgende vier Diskussionsteilnehmerinnen:
- Petra Gössi, Nationalrätin FDP
- Sanija Ameti, Co-Präsidentin Operation Libero
- Eric Nussbaumer, Nationalrat SP
- Stephan Rietiker, Unternehmer und designierter Präsident «Pro Schweiz»
Der eine oder andere «Arena»-Zuschauer dürfte ob dem Namen Rietiker aufgehorcht haben. War da nicht mal was?
Wir erinnern uns: Im November des vergangenen Jahres, als es um das Covid-Gesetz ging, hatte der Unternehmer schon einmal einen «Arena»-Auftritt und sorgte für eine unrühmliche Szene. Er ging den Faktenchecker des SRF unanständig an – und kassierte von Moderator Sandro Brotz eine Verwarnung. Etwas, das in der jüngeren Geschichte der «Arena» sonst nie vorkam.
Nun kam Rietiker in einer neuen Rolle zurück ins Studio 8 am Leutschenbach. Er wird ab kommender Woche die Auns-Nachfolgeorganisation «Pro Schweiz» präsidieren. Angefragt für dieses Amt wurde der Zuger von Christoph Blocher höchstpersönlich.
Auch dieses Mal sorgte Rietiker für ungläubige Blicke. Er meinte, die Schweiz müsse sich nicht allzu sehr auf Europa konzentrieren. Andere Absatzmärkte seien ebenso wichtig. China und die USA etwa. «Der grösste Exportpartner der Schweiz ist nicht die EU, sondern die USA», behauptete Rietiker. «Wir müssen ein Freihandelsabkommen haben mit den USA!»
Eric Nussbaumer entgegnete: «Der wichtigste Handelspartner für die Schweizer Exporte ist die EU. Hundertprozentig. Da liegen Sie falsch.» Es bleibt wohl Rietikers Geheimnis, woher er seine Zahlen hat – Sandro Brotz pflichtete jedenfalls dem SP-Mann bei. Eine Verwarnung gab es für Rietiker dieses Mal aber nicht.
Hitzig zu und her ging es jedoch auch in dieser Sendung, was vor allem an Ameti lag. Die Schweiz brauche unbedingt ein institutionelles Rahmenabkommen, forderte die Juristin. «Das ist das, was uns jetzt am handlungsfähigsten macht.» Die Parteien würden aber nur Blockade-Politik betreiben und Fortschritte verhindern, da sie Angst um ihre Wähleranteile hätten. «Das erste Ziel der Parteien ist es, ihre Sitze zu halten.» Die Kritik richtete Ameti vor allem auch an die FDP, deren Bundesratssitz gehörig wackle.
Video: watson
Die Operation Libero verzichtete in der Vergangenheit nicht auf den Mann zu spielen und veröffentlichte ein Meme mit Aussenminister Ignazio Cassis, der in einem brennenden Haus fröhlich Gitarre spielt. Die «Arena» blendete das Sujet kurz ein:
Mit diesem Meme macht Operation Libero Stimmung gegen Ignazio Cassis.screenshot: srf
Petra Gössi liess Ametis Schelte nicht gelten. Den etablierten Parteien im Land ginge es um viel mehr, als nur um Wahlen. «Sie stellen die Gemeindefunktionen sicher, stellen Leute in die Kommissionen und das fast alles unbezahlt.» Man sei vor allem da, um gute Sachpolitik zu machen. Das Meme von Operation Libero hingegen sei «brutal gegen eine Person geschossen» und habe nichts mehr mit Sachpolitik zu tun.
Die FDP-Nationalrätin zeigte einen besonnenen Auftritt. Einmal agierte sie sogar als Vermittlerin zwischen Nussbaumer und Rietiker, die sich in die Haare gerieten.
Es stelle sich die Frage, wie man weiter am Binnenmarkt teilnehmen könne, sagte der SP-Nationalrat. Man sei ein exportorientiertes Land und wolle möglichst hindernisfrei Geschäfte machen. «Die Realität ist aber, dass wir keine neuen Verträge mehr hinkriegen und die alten Verträge nicht aufdatiert werden.» Zudem könnten Schweizer Forscherinnen und Forscher nicht mehr am europäischen Forschungsnetzwerk teilnehmen.
Video: watson
Das Einzige, was die Forschungsprogramme Horizon und Erasmus gebracht hätten, sei eine Million Babys, entgegnete Rietiker und fragte: «Sollen wir unsere Steuergelder verschwenden, um Austausch von Körpersäften und Partys zu unterstützen?»
Da intervenierte Gössi und erklärte Rietiker ruhig, um was es geht. «Ich sehe nicht immer alles gleich wie Herr Nussbaumer», meinte die FDP-Nationalrätin. Aber dass die Verträge mit der EU momentan nicht aufdatiert würden, sei eine «Schwierigkeit». Auch die Forschungszusammenarbeit sei wichtig. «Da müssen wir schauen, dass wir uns nicht abhängen lassen. Das können wir nicht mehr aufholen.» Rietiker hörte zu und nickte einige Male sogar zustimmend.
Video: watson
Überhaupt keinen Konsens fand der Unternehmer hingegen mit Ameti. «Es ist wirklich sehr einfach und billig auf Bundesrat Cassis herumzutrampeln», warf er der Operation Libero vor. Er vertrete schliesslich auch nur den Gesamtbundesrat.
Und hier zeigte sich, dass Ameti auch einstecken kann. Sie liess die durchaus berechtigte Kritik auf sich einwirken, raffte sich auf und setzte zum Gegenschlag an. «Wissen Sie, was billig ist?», entgegnete sie Rietiker. «Einfach immer zu sagen: Das wollen wir nicht, das wollen wir nicht, das wollen wir nicht.» Aus Rietikers Ecke habe sie noch nie eine Alternative gehört, wie die Schweiz denn handlungsfähig bleiben solle. Sie wolle sich jedenfalls nicht autokratischen Systemen wie China anbiedern, um Handel zu führen.
Video: watson
Rietiker tat in der Folge das, was man nur tut, wenn man keine guten Argumente mehr hat: Er griff Ameti auf persönlicher Ebene an. «Waren Sie schon mal in China? Waren Sie schon mal in China? Ich glaube, Sie sprechen von Sachen, die Sie noch nicht gesehen haben», polterte der zukünftige Präsident von «Pro Schweiz».
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