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Sanija Ameti: Comeback nach Instagram-Eklat?

Sanija Ameti Comeback nach InstagramEklat
Die umstrittene Politikerin der Grünliberalen gibt sich nach längerer Absenz wegen des Shitstorms über die Schüsse auf ein Bild der Gottesmutter reuig. Sie will in die Politik zurückkehren. Doch wie kann dies gelingen?

Die umstrittene Politikerin der Grünliberalen gibt sich nach längerer Absenz wegen des Shitstorms über die Schüsse auf ein Bild der Gottesmutter reuig. Sie will in die Politik zurückkehren. Doch wie kann dies gelingen?

Eine Muslimin mit einer Provokation übers Christentum – das war zu viel: Sanija Ameti.

Eine Muslimin mit einer Provokation übers Christentum – das war zu viel: Sanija Ameti.

Peter Klaunzer / Keystone

Sie hatte bereits ein Comeback vor dem Comeback. Noch bevor sich Sanija Ameti zu Wort meldete, raunten Politiker und Medien eine Woche lang darüber, die umstrittene Zürcher Gemeinderätin stehe vor einer Rückkehr in die Öffentlichkeit. Drei Monate zuvor war sie abgetaucht, nachdem ein Shitstorm ausgebrochen war, weil sie auf Instagram ein Bild gepostet hatte, wie sie auf die Jungfrau Maria schoss. Sie verlor nicht nur den Rückhalt der Parteispitze, sondern auch ihren Job.

Gestern Samstag folgte nun das eigentliche Comeback, per Interview: «Ich schäme mich», sagt sie der «Schweiz am Wochenende», «einen groben und dummen Fehler» habe sie gemacht – und folgt dabei dem Standarddrehbuch, das Politberater für solche Fälle aus der Schublade ziehen. Die Strategie Kniefall: Anstandspause, Interview und Entschuldigung – I am so sorry, Asche auf mein Haupt.

Kann das funktionieren? Am einfachsten ist es, wenn die Verfehlung privat ist. So gab der frühere CVP-Ständerat Filippo Lombardi, dem wegen Verkehrsdelikten sechs Mal der Fahrausweis entzogen wurde, nach einem Autounfall unter Alkoholeinfluss den Ausweis freiwillig ab. Er musste danach zwar mit dem Zug nach Bern fahren, wurde später aber Fraktionschef.

Doch der Weg der Reue funktioniert auch bei politischen Entgleisungen. Jonas Fricker, Nationalrat der Grünen, hatte 2017 Schweinetransporte mit der Deportation von Juden während des Holocausts verglichen. Der Shitstorm war heftig, aber nur kurz, weil er mit dem Rücktritt sofort Verantwortung übernahm. Nach einer mehrjährigen Pause und zwei Interviews, in denen er seinen Fehler reflektierte, ist er wieder da: als Grossrat im Aargau.

Ameti macht einen interessanten, bei der Kniefall-Strategie beliebten Unterzug: den Fehler als Folge persönlicher Schwierigkeiten zu erklären. Sie spricht von der Erinnerung an ihren vor Jahren erschossenen Bruder, die einen unerträglichen Schmerz ausgelöst und zur unerklärlichen Aktion geführt habe. Das funktionierte einst schon bei Valérie Garbani, Regierungsmitglied in Neuenburg. Sie machte 2008 mit 1,94 Promille im Blut spätnachts Radau und beschimpfte die Polizei. Danach gab sie sich zerknirscht, erzählte von häuslicher Gewalt und vom Konsum von Antidepressiva – Wochen später war sie wiedergewählt.

«Ein gut inszeniertes Revival: zuerst anteasern, dann das Interview mit der Entschuldigung und dem Schmerz», sagt Lorenz Furrer von der Kommunikationsberatung Furrerhugi über Ametis Auftritt. Ein anderer Politberater ist skeptischer, ob der Kniefall funktionieren wird. Zu gross sei das Zerwürfnis mit den Parteioberen, die einen Parteiausschluss Ametis angeregt hatten. Und ohne Rückendeckung der Partei ist der Kniefall nutzlos.

Dann böte sich eine alternative Strategie an, die man «Make Myself Great Again» nennen könnte. Die Profis empfehlen sie selten, doch sie kann erfolgreich sein. Dabei werden Fehler gerne relativiert. Ein Meister des Fachs ist der Genfer Regierungsrat Pierre Maudet. Er liess sich an den Formel-1-Grand-Prix in Abu Dhabi einladen und sagte, er habe die Gastgeber halt nicht vor den Kopf stossen wollen.

Maudet, vor Gericht wegen Vorteilsannahme für schuldig befunden, trat zurück, um gleich wieder zu kandidieren. Alle waren gegen ihn, auch seine Partei, die FDP, doch Maudet wandelte sich zum Anti-Establishment-Politiker, der mit treuen Anhängern eine neue Partei gründete – und 2023 erneut gewählt wurde.

Maudet machte also den Trump, bevor Trump selber im Ziel war. Bisher hat sich Ameti davon nicht inspirieren lassen. Doch falls die Partei sie fallen lässt, indem sie sie ausschliesst oder, eleganter, bei der nächsten Wahl nicht aufstellt, könnte das ein Weg sein, politisch zu überleben. Die Co-Präsidentin von Operation Libero hat sehr loyale Anhänger, die ihr beim Neuanfang helfen könnten, auch ausserhalb der Partei.

Auch sie würde auf der Anti-Establishment-Welle surfen, einfach von links. Im Zentrum ihre Identität als Frau mit Migrationshintergrund, urban und unbeugsam gegenüber Polit-Granden, die auf ihren Misstritt überreagiert und sie gemobbt hätten.

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