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Deutschland: Parteispitze der Grünen tritt zurück

Deutschland Parteispitze der Grünen tritt zurück
Die Co-Parteichefs Omid Nouripour und Ricarda Lang haben am Mittwoch Konsequenzen aus den Landtagswahlen gezogen: Sie treten beim Bundesparteitag in Wiesbaden nicht mehr an. Sie sprechen von einem «Neustart» an der Parteispitze.

Die Co-Parteichefs Omid Nouripour und Ricarda Lang haben am Mittwoch Konsequenzen aus den Landtagswahlen gezogen: Sie treten beim Bundesparteitag in Wiesbaden nicht mehr an. Sie sprechen von einem «Neustart» an der Parteispitze.

Ricarda Lang und Omid Nouripour waren vor zwei Jahren als neue Parteivorsitzende der Grünen gewählt worden. Sie treten nicht wieder an.

Ricarda Lang und Omid Nouripour waren vor zwei Jahren als neue Parteivorsitzende der Grünen gewählt worden. Sie treten nicht wieder an.

Fabian Sommer / dpa / Keystone

Der gesamte Grünen-Vorstand tritt beim nächsten Bundesparteitag Mitte November nicht mehr an. Das gaben die Co-Parteichefs Omid Nouripour und Ricarda Lang in einem Statement am Mittwoch bekannt. «Das Wahlergebnis in Brandenburg ist das Zeugnis der tiefsten Krise dieser, unserer Partei seit einer Dekade», sagte Nouripour vor der Presse. Die Partei brauche einen «Neustart». Zuerst hatte das Nachrichtenportal «Table Media» über den angekündigten Rückzug des Parteivorstands berichtet.

Der Bundesvorstand zählt insgesamt sechs Mitglieder. Dazu gehören neben Lang und Nouripour die politische Geschäftsführerin Emily Büning, der Bundesschatzmeister Frederic Carpenter sowie die stellvertretenden Bundesvorsitzenden Pegah Edalatian und Heiko Knopf. Lang und Nouripour waren im Januar 2022 als neue Parteivorsitzende der Grünen gewählt worden.

Die Grünen waren vor kurzem in Brandenburg und Thüringen aus dem Landtag gewählt worden, in Sachsen verloren sie ebenfalls Wähleranteile. In allen drei Ländern hatten sie zuvor mitregiert. Doch auch bei der Wahl zum EU-Parlament waren die deutschen Grünen als grosse Verlierer hervorgegangen. An der Europawahl im Juni 2024 schlossen sie mit 11,9 Prozent klar schlechter ab als noch im Jahr 2019. Damals erreichten sie 20,5 Prozent, das bis anhin beste Ergebnis der Partei auf nationaler Ebene.

Die Grünen verzeichnen einstellige Zustimmungswerte

Die Grünen sitzen neben SPD und FDP seit 2021 in der deutschen Bundesregierung. Bei der letzten Bundestagswahl erreichten sie 14,8 Prozent, sie waren damit drittstärkste Kraft. In dieser Legislatur hatten sie mehrere hoch umstrittene Projekte wie etwa das so genannte «Heizungsgesetz» oder die Abschaltung der letzten verbliebenen drei deutschen Atomkraftwerke vorangebracht. Sie sind zudem bis heute nicht zu grundsätzlichen Veränderungen in der Migrationspolitik wie etwa Zurückweisungen an den deutschen Grenzen bereit.

Für die Wähler in den ostdeutschen Bundesländern war Migration zuletzt das wichtigste Thema. Die Aussichten für die Bundestagswahlen im nächsten Jahr gelten entsprechend als düster. Erstmals seit sieben Jahren misst eine neue Umfrage zum Wählerpotenzial der Grünen nur noch einstellige Zustimmungswerte für die Partei, die 2021 zeitweise vor allen anderen Mitbewerbern lag. Laut einer anderen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Forsa trauen nur sechs Prozent den Grünen am ehesten zu, die wichtigsten Probleme im Land zu lösen.

Innerhalb der Partei dürfte jetzt eine Debatte über die Nachfolger losbrechen. Wer beerbt die Parteilinke Lang und den «Realo» Nouripour? Pragmatiker, die den Kurs der Partei in der Migrations- und Energiepolitik revidieren wollen? Oder werden beim Parteitag Linke gewählt, die einen noch härteren Konfrontationskurs gegenüber den sozialdemokratischen und liberalen Koalitionspartnern suchen?

«Table Media» nennt als mögliche Nachfolger die Grünen-Politiker Franziska Brantner, derzeit parlamentarische Staatssekretärin im Wirtschaftsministerium, und Felix Banaszak, Bundestagsabgeordneter und früherer Vorsitzender der Grünen Jugend. Brantner ist eine der wichtigsten Mitarbeiter im Stab des Wirtschaftsministers und ehemaligen Grünen-Chefs Robert Habeck. Sie wird auch den Wahlkampf der Grünen für die kommende Bundestagswahl leiten. Banaszak gilt als Vertreter des linken Parteiflügels.

Robert Habeck kündigt Konsequenzen an, bleibt aber vage

Auffällig ist, dass die Grünen nach den Wahlen in Sachsen, Thüringen und Brandenburg ihre wichtigsten Führungsfiguren nicht ausgetauscht haben: Wirtschaftsminister Robert Habeck und Aussenministerin Annalena Baerbock. Habeck selbst nannte den Schritt der Vorsitzenden einen «grossen Dienst an der Partei». Alle Politiker der Grünen trügen Verantwortung für die neuesten Wahlniederlagen, auch er. «Und auch ich will mich ihr stellen.» Welche Konsequenzen ihm genau vorschweben, liess er offen.

Der angekündigte Rückzug der Grünen-Parteivorsitzenden könnte auch auf die anderen Parteien der Koalition in Berlin abfärben. In der SPD ist Bundeskanzler Olaf Scholz spätestens seit der Landtagswahl in Brandenburg in einer prekären Position. Ministerpräsident Dietmar Woidke gewann nicht wegen, sonders trotz dem unpopulären Kanzler, der 2025 wieder antreten möchte. Werden die Sozialdemokraten doch noch ihren Kanzlerkandidaten austauschen, etwa gegen den beliebteren Verteidigungsminister Boris Pistorius?

Auch die Zukunft des liberalen Koalitionspartnern ist bis anhin unklar. Der FDP-Vorsitzende und Finanzminister Christian Lindner hatte den «Herbst der Entscheidung» über die Koalition ausgerufen, nachdem seine Partei gleich in drei Landtagswahlen unter zwei Prozentpunkte erreicht hatte.

Sollte es hinsichtlich der wichtigsten Probleme des Landes nicht zu klaren Entscheidungen kommen, könnte seine Partei aus der Regierungskoalition aussteigen, deutete er an. Konkret ging es ihm um weniger Migration, mehr Wirtschaftswachstum und um solide Haushaltsführung. Doch was, wenn die FDP selbst dann in der Koalition bleibt, wenn es in keinem dieser Probleme zu einer Lösung kommt?

Mit dem Rückzug der Grünen-Parteivorsitzenden, die aus dem Debakel der Partei persönliche Konsequenzen zogen, steht Lindner womöglich noch stärker unter Zugzwang. Bereits nach den verlorenen Landtagswahlen in Sachsen und Thüringen forderte die parteiinterne Gruppe «Weckruf» die Parteiführung auf, die Koalition in Berlin zu verlassen. Andernfalls müsse Generalsekretär Bijan Djir-Sarai die Parteiführung übernehmen. Lindner selbst kommentierte den angekündigten Rückzug von Lang und Nouripour zurückhaltend. Er sei gespannt, «ob unter neuer Führung ein neuer Kurs entsteht und welche Auswirkungen er auf die Regierung hat», schrieb er auf dem Kurznachrichtendienst X (vormals Twitter).

Die Opposition deutet derweil den Rückzug der Parteispitze als Indiz für den Zerfall der deutschen Regierungskoalition. Alice Weidel, Fraktionschefin der AfD im Parlament, nannte diesen Schritt auf X den «Anfang vom Ende der Ampel». Thorsten Frei, erster parlamentarischer Geschäftsführer der Unionsfraktion, sagte der Nachrichtenagentur Reuters: «Mit dem Rücktritt des gesamten Parteivorstands der Grünen zerbröselt die Koalition vor laufenden Kameras.»

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