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Grüne fordern an Delegiertenversammlung Bundesratssitz

Grüne fordern an Delegiertenversammlung Bundesratssitz
Die Parteipräsidentin Regula Rytz fordert an der Delegiertenversammlung mit Vehemenz einen grünen Bundesratssitz. Geht es nach den Grünen, soll es Bundesräten in Zukunft nur mehr in Ausnahmefällen möglich sein, während der Legislatur zurückzutrete

Selten dürften die Delegierten der Grünen Partei bei so guter Laune zusammengekommen sein wie an diesem Samstag in Bern. Die Partei hatte schliesslich auch gut zwei Wochen nach den historischen Zugewinnen bei den eidgenössischen Wahlen noch immer genügend Anlass, um zu feiern. Dementsprechend ausgelassen war die Stimmung. In den zahlreichen Reden liess man mit Genuss nochmals den Wahlsonntag Revue passieren.

Präsidentin Regula Rytz erntete nach ihrer Ansprache Standing Ovations. Der Beifall der Delegierten galt natürlich ihrer von Erfolg gekrönten Arbeit, sicher aber auch der mit deutlicher Vehemenz vorgetragenen Forderung nach einem grünen Bundesratssitz. Schliesslich spiele man nun in der gleichen Liga wie die CVP und die FDP, sagte Rytz, die noch im Rennen um einen Berner Ständeratssitz ist. Es brauche eine neue Zauberformel, welche den Wählerwillen respektiere. Zurzeit fänden Gespräche mit sämtlichen Parteien statt, auch mit der SVP. Mehr könne sie dazu aber noch nicht sagen.

Klar ist, dass für die Grünen vorzeitige Rücktritte aus dem Bundesrat ein Ärgernis sind. Rytz forderte in ihrer Rede deshalb den Verzicht auf taktische Bundesratsrücktritte während der Legislatur. Wären Johann Schneider-Ammann (fdp.) und Doris Leuthard (cvp.) ordnungsgemäss auf Ende Legislatur von ihrem Amt zurückgetreten, dann wäre der Weg bei den Bundesratswahlen vom 11.Dezember frei gewesen für einen grünen Bundesrat. Davon ist man zumindest in der Parteileitung überzeugt. Im aktuellen Bundesrat gebe es im Dezember jedoch keine Sitze neu zu besetzen. «Das heisst, wenn wir einen Sitz erobern wollen, geht das nur über die Abwahl eines Bundesrates. Und das ist keine einfache Voraussetzung», sagt Rytz im Gespräch.

Es brauche ihrer Meinung nach jetzt entweder eine informelle Regelung unter den Parteien oder dann gar ein Gesetz, das es Bundesräten nur in Ausnahmefällen erlaubt, während der Legislatur zurückzutreten. Dass Rytz damit bei sämtlichen anderen Parteien auf Gegenliebe stösst, darf indes bezweifelt werden.

Auch Fraktionschef Balthasar Glättli war am Samstag noch immer in Hochstimmung. Er erkenne, wenn er dieser Tage in die Schaufenster der Stadt blicke, stets einen lächelnden Mann darin. Dieser Strahlemann sei er selbst. Doch ausschliesslich von Hochgefühl beseelt schreitet auch Nationalrat Glättli zurzeit nicht durch die Strassen Zürichs. Denn in die Gefühlslage mischen sich die Gedanken an die kommenden vier Jahre. In diesen wird es vor allem darum gehen, die grossen Hoffnungen nicht zu enttäuschen, die viele Wähler in die Grüne Partei setzen. Zudem wird es auch an Glättli liegen, die stark gewachsene Bundeshausfraktion auf eine gemeinsame Linie einzuschwören. Beides dürfte eine Herkulesaufgabe werden.

«Wir werden gegen innen und aussen viel kommunizieren müssen», sagt Glättli. Es erstaunt daher nicht, dass in den Reden der bisherigen grünen Nationalräte ein starker Fokus auf die Einigkeit in der Partei und der Fraktion gelegt wurde. Glättli selbst sprach beispielsweise das CO2-Gesetz an, das die Grünen nun mittragen, wobei sie jedoch einige Konzessionen machen mussten. Ob die Parteileitung auf so viel Kompromissbereitschaft bei den Neugewählten zählen kann, wird sich weisen. Zumindest im Wahlkampf haben sich dort manche mit Maximalforderungen positioniert.

«Wir haben jetzt zwar einen grösseren Hebel, aber wir haben bei weitem keine Mehrheit», sagt Glättli im Gespräch. Im Gegensatz zum Kanton Zürich, wo es erstmals eine theoretische Mehrheit bei ökologischen Fragen gebe, sei man in Bundesbern noch immer weit davon entfernt. In dieser Beziehung hätten die Wahlen nur bedingt etwas geändert.

Anders sieht es ganz offensichtlich beim Selbstverständnis der Partei aus. Mehrfach hörte man im Bern den Begriff «Volkspartei». Rytz sprach in ihrer Rede davon, dass jetzt auch die Grünen in der Schweiz «zu den Etablierten» gehörten. Der Wahlerfolg hat die eigene Wahrnehmung der Partei ganz offensichtlich bereits stark verändert. So versteht man sich zwar noch immer als eine Art Bewegung. Doch die neuen Realitäten im Parlament sowie die Ansprüche an eine Regierungsbeteiligung entsprechen definitiv nicht mehr dem einstigen Oppositionsverständnis der Grünen. «Die Zeiten sind vorbei, als wir zu klein waren, um Grosses zu bewegen», so bringt die grüne Berner Regierungsrätin Christine Häsler das neue Selbstverständnis auf den Punkt.

Regula Rytz spricht dialektisch von einer «Volkspartei mit Bewegungscharakter». Unbestritten hat die Partei an Breite gewonnen. Es sind dabei weniger die teilweise markanten grünen Gewinne in der Romandie, sondern viel mehr jene in den ländlichen Gebieten, welche die Partei inhaltlich pluraler werden lassen. Regierungsrätin Häsler, die selbst aus dem Berner Oberland stammt, erinnerte die Delegierten in ihrem Grusswort daran, dass die ländlichen und die urbanen Gebiete nicht die gleichen Lösungen von den Grünen erwarten würden. Hier gelte es, auch inhaltlich breiter zu werden. Es ist eine Aufgabe, die den Grünen auf ihrem Weg zu einer wahrlich etablierten Partei noch bevorsteht.

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