Mode von Melania Trump: Grandios bescheiden
Selbst die Fachleute standen vor einem Rätsel: Von welcher Marke war nun das Kleid, das die neue „Second Lady“ am Abend der Amtseinführung von Präsident Donald Trump trug? „Women's Wear Daily“, sonst immer präzise, blieb äußerst vage: „Usha Vance trägt ein blaues Abendkleid für die Eröffnungsbälle 2025 mit JD Vance“. Ein blaues Abendkleid? Geht es nicht etwas genauer?
Wohl nicht. Denn die First Lady und Second Lady laborierten an ihrem großen Tag an einem großen Problem. Kaum ein wichtiger amerikanischer Modemacher will mit ihnen zusammenarbeiten, obwohl ihre Männer so große Patrioten sind. Schon im Wahlkampf wurde das offenbar. Als Designer und Moderedakteurinnen im September zur New York Fashion Week frühmorgens zu einer Kundgebung unter dem Motto „Fashion For Our Future“ gingen, kam auch Jill Biden. Modemacher von Michael Kors bis Tory Burch kämpften um die Aufmerksamkeit der demokratischen Präsidentschaftskandidatin Kamala Harris – oder holten gleich deren Stieftochter Ella Emhoff auf den Laufsteg.
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Donald Trump und seine Familie hingegen sind in der linksliberal geprägten Modeszene ein No-Go. Das geht so weit, dass Melania Trumps Stylist Hervé Pierre einmal am Eingang des Geschäfts eines amerikanischen Designers in New York von einer Verkäuferin abgewiesen wurde. „Ich verstehe, dass man Frau Trump kritisieren kann“, sagte der gebürtige Franzose vergangene Woche zu „Women's Wear Daily“. „Aber jemandem, der zum vollen Preis einkaufen will, zu sagen: ,Sie sind hier nicht willkommen‘, das hätte ich nie erwartet.“ Doppelt demütigend muss es für Hervé Pierre sein, dass er dann auch noch dafür kritisiert wurde, Melania Trump bei wichtigen Fototerminen nicht mit mehr amerikanischen Marken einzukleiden.
Kein Problem in der Tagesgarderobe
Die Frau des Präsidenten muss also mit unbekannten Designern oder gar einfach mit ihrem Stylisten auskommen. Für Tagesgarderobe muss das kein Problem sein: Der doppelreihige Mantel von Melania Trump, den sie sich von Designer Adam Lippes für die Zeremonie schneidern ließ, saß perfekt, hatte die richtige Länge, die passende Farbe. Und der pfingstrosenfarbene Mantel der Marke Oscar de la Renta, den Usha Vance trug, stach nicht nur farblich aus dem konservativen Stil des Nachmittags heraus.
Ganz anders sah es dann bei den Bällen am Abend aus. Als Donald und Melania Trump vor Hunderten begeisterten Militärangehörigen ihren traditionellen Eröffnungstanz hinlegten, wirkten sie etwas steif und schauten angespannt drein. Sein Smoking und ihr Abendkleid machten den Anblick bei diesem ersten von insgesamt drei Bällen nicht besser. Hervé Pierre hatte auf ein schulterfreies Kleid aus weißem Seidenkrepp mit zwei mäandernden schwarzen Bändern gesetzt.
Das kann man machen, sah auch nicht schlecht aus, und schulterfrei war der Trend des Abends schlechthin. Aber das Abendkleid entsprach bei weitem nicht europäischen Designansprüchen – wie sich überhaupt die amerikanische Mode auf sportlichen Stil versteht, aber oft bescheiden wirkt, wenn es um den Abend geht, selbst bei der Oscar-Feier. Immerhin: Eine Diamantbrosche am Halsband, die Harry Winston 1955 kreiert hatte, war ein starker Akzent.
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Mit einer inklusiven Botschaft versuchte der Stylist Hervé Pierre, der sich nun auch als Modeschöpfer sieht, seiner Kreation mehr Bedeutung zu geben. „Wir sind alle Amerikaner“, sagte der Franzose, der die amerikanische Staatsbürgerschaft angenommen hat, zu „Women's Wear Daily“. Damit meinte er auch die aus Slowenien stammende Melania Trump, die seit 2006 amerikanische Staatsbürgerin ist. Und er bezog sich auf die chinesisch-amerikanische Näherin in dem New Yorker Atelier, die das Kleid angefertigt hatte – und der man nur wünschen kann, dass sie unter der neuen Regierung nicht in ihr Heimatland deportiert wird. Auch das Kleid der Second Lady hatte übrigens Migrationshintergrund: Das schulterfreie bestickte blaue Kleid stammt von der New Yorker Designerin Reem Acra, die im Libanon geboren wurde.
Hervé Pierre wird wohl weitermachen
Ihren Stylisten hatte Melania Trump durch ihre ehemalige Beraterin Stephanie Winston Wolkoff kennengelernt. Zuvor hatte Hervé Pierre bei Marken wie Carolina Herrera, Oscar de la Renta, Balmain und Lanvin gearbeitet. Schon in ihren ersten vier Jahren im Weißen Haus beriet er sie. Das wird er nun wohl weitermachen.
Pierre, dem Melania Trump schon 2017 vertraute, gehört nun zu den wenigen Modemachern, die zweimal für dieselbe First Lady ein Kleid zur Amtseinführung entworfen hatte. Jason Wu kleidete Michelle Obama 2011 und 2015 ein, James Galanos entwarf 1985 und 1989 für Nancy Reagan, Nettie Rosenstein 1953 und 1957 für Mamie Eisenhower. Wie seine Vorgänger, so stellte auch Hervé Pierre seine Leistung nach eigenen Angaben der First Lady nicht in Rechnung. Immerhin!