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Krankenkassenprämien steigen 2025 im Durchschnitt um 6 Prozent

Krankenkassenprämien steigen 2025 im Durchschnitt um 6 Prozent
Die Leistungen der Krankenkassen für die Versicherten sind seit 2022 ungewöhnlich stark gestiegen. Der Prämienschub ist die Folge davon.

Die Leistungen der Krankenkassen für die Versicherten sind seit 2022 ungewöhnlich stark gestiegen. Der Prämienschub ist die Folge davon.

Der Bundesrat informiert über die steigenden Krankenkassenprämien.

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Handlungen haben Konsequenzen. Schlaue Erziehungsberater empfehlen den Eltern, dies ihren Kindern früh beizubringen. Eine Übersetzung dieser Empfehlung in der Politik ist die Kostenwahrheit: Die Stimmbürger und Konsumenten sollen die Konsequenzen ihres Verhaltens im eigenen Portemonnaie spüren.

Im Gesundheitswesen spürt man zumindest einen Teil dieser Konsequenzen direkt im Portemonnaie: Die Krankenkassenprämien wachsen im längerfristigen Trend prozentual deutlich stärker als die Gesamtwirtschaft. Das wird auch 2025 der Fall sein. Wie der Bund am Donnerstag auf Basis der bewilligten Prämien verkündete, wird die mittlere Prämie in der Obligatorischen Krankenpflegeversicherung (OKP) 2025 ohne Verhaltensänderungen der Versicherten um 6 Prozent steigen – auf rund 4544 Franken pro Jahr beziehungsweise auf knapp 379 Franken pro Monat. Gemessen an der mittleren Prämie für die Erwachsenen ab Alter 26 beträgt der Anstieg ebenfalls 6 Prozent – auf rund 449 Franken.

Die gesamten Gesundheitskosten dürften heuer etwa 95 Milliarden Franken betragen. Davon entfallen schätzungsweise 37 Milliarden auf Nettoleistungen der OKP (nach Abzug der Kostenbeteiligung der Versicherten). Der Anteil der OKP an den gesamten Gesundheitskosten ist längerfristig deutlich gestiegen, was den Ausbau der Grundversicherung spiegelt. Seit 1996, dem Startjahr des Krankenversicherungsgesetzes, sind die OKP-Prämien im Mittel um gut einen Prozentpunkt stärker gestiegen als die Gesamtkosten des Gesundheitswesens.

Grosse Bandbreite

Die vom Bund verkündete Zahl zum OKP-Prämienanstieg 2025 könnte die Erhöhung der effektiven mittleren Prämie um etwa einen halben Prozentpunkt überschätzen – so wie dies auch letztes Jahr der Fall war. Denn jedes Jahr wechseln Versicherte von teuren zu günstigeren Kassen. Zudem gibt es Wechsel in günstigere Versicherungsmodelle und zu höheren Franchisen. Der Bund rechnet deshalb gemessen an den effektiven Prämien für 2025 mit einem Anstieg von etwa 5,5 Prozent.

Wie immer stecken hinter den Durchschnittswerten grosse Unterschiede je nach Kanton, Krankenkasse und Altersgruppe. In der Betrachtung der Kantone reicht die Bandbreite des durchschnittlichen Prämienanstiegs bei den Erwachsenen ab Alter 26 von 1,4 Prozent (Basel-Stadt) bis 9,9 Prozent (Tessin). Gemessen am Niveau der mittleren Monatsprämie 2025 für diese Altersgruppe reicht die Bandbreite der Kantone von knapp 309 Franken (Appenzell-Innerrhoden) bis 572 Franken (Genf).

Prämien spiegeln Kosten

Die unmittelbare Hauptursache für den Prämienschub ist schnell gefunden: die Leistungen der Krankenkassen für ihre Versicherten (lies: die versicherten Gesundheitskosten) sind weiter stark gestiegen. Mittel- und längerfristig spiegelt der Anstieg der Prämien ziemlich genau den Anstieg der Nettoleistungen für die Versicherten.

Laut Daten des Branchenverbands Santésuisse brachten die ersten sieben Monate 2024 einen weiteren Leistungsanstieg pro Versicherten im Vergleich zur Vorjahresperiode um 4,8 Prozent. Prozentual besonders stark war der Anstieg im Pflegebereich, bei den Laboranalysen und für Physiotherapien. Auch die ambulanten Arzt- und Spitalleistungen sind deutlich gestiegen. Prozentual unterdurchschnittlich wuchsen die Kosten für die stationären Spitalleistungen. Doch der Spitalverband H+ betonte diese Woche auf Basis der Daten von etwa 90 Prozent aller Spitäler, dass kaum ein Spital die für die Investitionen notwendigen Margen erreiche. Die Parole des Verbands: «Die Unterfinanzierung hat eine kritische Grenze erreicht.»

Laut dem Bund ist die Kostenzunahme in der OKP auf viele Faktoren zurückzuführen: «Neue Medikamente und Behandlungsmöglichkeiten, aber auch eine Zunahme der nachgefragten Gesundheitsleistungen.» Eine Nachfragezunahme gab es laut Bundesangaben auch pro Versicherten – und diese Zunahme sei nicht nur auf die Alterung der Bevölkerung zurückzuführen.

Zudem hat die Erhöhung der allgemeinen Teuerung ab 2022 mit Verzögerung auch im Gesundheitswesen durchgeschlagen. So wurden im vergangenen Jahr laut Bundesangaben in vielen Kantonen die Tarife von Ärzten und/oder Spitälern an die aufgelaufene Teuerung angepasst.

Eine wesentliche Rolle spielt auch der in den letzten Jahren verstärkte Trend zur Verlagerung vom stationären in den ambulanten Bereich. Dieser Trend senkt insgesamt die Gesundheitskosten, erhöht aber die Kosten für die Krankenkassen und damit für die Prämienzahler. Denn ambulante Leistungen werden voll von den Krankenkassen bezahlt, während bei den stationären Spitalleistungen die Kantone und damit die Steuerzahler 55 Prozent der Kosten übernehmen.

Die vom Parlament beschlossene Reform soll diesen Unterschied in der Finanzierung und die damit entstehenden Fehlanreize beenden: Künftig sollen die Krankenkassen in allen Fällen jeweils 73 Prozent der Kosten zahlen und die Kantone 27 Prozent. Doch die Reform ist umstritten und muss sich diesen November einer Referendumsabstimmung stellen.

Bedeutend bei der Prämienfestlegung für das kommende Jahr sind auch die Prognosen zur Kostenentwicklung 2025. Die Branche rechnet mit einem weiteren Kostenanstieg von 4,2 Prozent pro Versicherten.

Geschrumpfte Reserven

Für die kurzfristigen Schwankungen der Prämien spielt auch die Entwicklung der Reserven der Krankenkassen in der OKP eine Rolle. 2022 und 2023 sind die Reserven der Branche um total fast 5 Milliarden Franken geschrumpft – auf noch 7,3 Milliarden Franken. In beiden Jahren haben die Prämien zur Deckung der Nettoleistungen nicht ausgereicht. 2022 brachte zudem wegen des schlechten Börsenjahrs noch Anlageverluste. 2023 brachte Anlagegewinne, doch diese reichten nicht zur vollen Deckung des Verlusts aus dem Versicherungsgeschäft. In der Gesamtbetrachtung erfüllt die Branche immer noch die behördlichen Mindestvorgaben, aber das stimmt nicht für alle Kassen.

Selbst mit Prämienschub auf 2024 (durchschnittlicher Anstieg von 8,3 Prozent) ist im laufenden Jahr noch mit einem Verlust im OKP-Geschäft von etwa 500 Millionen Franken zu rechnen. Somit gibt es noch Nachholbedarf bei den Prämien von etwas über einem Prozentpunkt. Laut Bundesangaben müssen zudem im Rahmen der Prämienfestlegung 2025 neun Versicherer ihre Reserven stärken.

Vergleicht man die effektive mittlere Prämie von 2022 mit der erwarteten mittleren Prämie für 2025, brachten diese drei Prämienrunden im Mittel einen Anstieg von 6,4 Prozent pro Jahr. Im Fünfjahresvergleich belief sich der durchschnittliche Anstieg auf 3,8 Prozent pro Jahr, und im Zehnjahresvergleich waren es 3,3 Prozent.

Geringer Sparwille

Die neuste Prämienrunde wird das übliche Politiktheater mit Wehklagen und vor allem mit Fingerzeigen auf die mutmasslich Schuldigen auslösen. In einem Punkt werden sich wohl wie gewohnt alle einig sein: Schuld sind «die anderen». Im Fokus der öffentlichen Debatte stehen oft die mutmasslich bösen Ärzte, Krankenkassenchefs, Pharmakonzerne und Spitalmanager. Das Gesundheitswesen als «Selbstbedienungsladen» ist ein häufig verwendetes Bild.

Die genannten Akteure und vor allem die Fehlanreize dieser Akteure spielen fraglos eine bedeutende Rolle im System. Doch das gilt auch für jenen Akteur, der gerne von seiner Mitverantwortung freigesprochen wird: das breite Publikum. Unser Verhalten als Versicherte und Stimmbürger spielt eine zentrale Rolle. Als Versicherte sind wir verantwortlich für unser Nachfrageverhalten, und als Stimmbürger sind wir verantwortlich für die starken Fehlanreize im System. Auch für das breite Publikum ist das Gesundheitswesen weitgehend ein «Selbstbedienungsladen».

So betonten zum Beispiel viele Experten, dass die Schweiz durch eine Reduktion der Spitaldichte erhebliche Kosten sparen könnte – und dies die medizinische Qualität dank höherer Konzentration der Kompetenzen sogar steigern würde. Doch Spitalschliessungen sind unpopulär. Die jüngste Bevölkerungsbefragung des Forschungsinstituts gfs.bern für den Pharmaverband Interpharma zum jährlichen «Gesundheitsmonitor» bestätigte das bekannte Bild, dass der Sparwille klein und der Zugang zu medizinischen Leistungen weit wichtiger ist.

Und bei der Frage nach den Verursachern des Anstiegs der Krankenkassenprämien waren drei der vier meistgenannten Faktoren typische Schuldzuweisungen an «die anderen»: «Verwaltungskosten im Gesundheitswesen», «Krankenkassen» und «Simulanten». Die Verwaltungskosten der Krankenkassen machen etwa 5 Prozent der OKP-Gesamtkosten aus – und nicht 22 Prozent, wie die Befragten in einer anderen Umfrage im Durchschnitt schätzten. Diese Fehleinschätzung dürfte nicht zuletzt die oft verzerrenden Mediendarstellungen spiegeln.

Auch die Steuern machen Sorgen

Wie schlimm ist nun die jüngste Prämienrunde für die Versicherten? Aus Daten der Bundesstatistiker lässt sich grob abschätzen und hochrechnen, dass 2024 die Nettoprämie (nach staatlicher Verbilligung) im Mittel etwa 6 bis 8 Prozent des Bruttoeinkommens ausmacht. Bei einer Erhöhung der Nettoprämie um 6 Prozent müsste somit das Bruttoeinkommen im nächsten Jahr um real etwa 0,3 bis 0,5 Prozent zulegen, damit bei sonst gleichen Verhältnissen das verfügbare Einkommen der Betroffenen nicht sinkt.

Die Krankenkassenprämien erscheinen in den jährlichen Bevölkerungsbefragungen zum Sorgenbarometer oft weit oben. In der erwähnten Befragung zum Gesundheitsmonitor 2024 erschienen die Steuern als noch etwas grösseres Problem. Bei der Frage, welche Zahlungen ein dauerhaftes oder gelegentliches Problem seien, nannten 29 Prozent die Steuern und 27 Prozent die Krankenkassenprämien. Es sind diese beiden Quellen, die den Grossteil der OKP finanzieren.

Die Kosten für die stationären Spitalleistungen sind prozentual unterdurchschnittlich gewachsen.

Die Kosten für die stationären Spitalleistungen sind prozentual unterdurchschnittlich gewachsen.

Valentin Flauraud / Keystone

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