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Gaza: Hunderte Tote und Verletzte rund um Hilfstransport

Gaza Hunderte Tote und Verletzte rund um Hilfstransport
Nach einer ersten Untersuchung der israelischen Armee wurden die meisten der mehr als hundert Todesopfer überfahren oder totgetrampelt. Der Vorfall zeugt von der humanitären Katastrophe in Gaza – und könnte ein erneutes Geiselabkommen mit der Hamas g

Nach einer ersten Untersuchung der israelischen Armee wurden die meisten der mehr als hundert Todesopfer überfahren oder totgetrampelt. Der Vorfall zeugt von der humanitären Katastrophe in Gaza – und könnte ein erneutes Geiselabkommen mit der Hamas gefährden.

Verwundete Palästinenser warten auf Behandlung im Shifa-Spital in Gaza.

Verwundete Palästinenser warten auf Behandlung im Shifa-Spital in Gaza.

Mahmoud Essa / AP

Sie kamen, um dringend benötigte Nahrungsmittel zu erhalten, und fanden den Tod: Am Donnerstagmorgen sollen im nördlichen Gazastreifen 104 Menschen getötet und über 700 in der Nähe von Lastwagen mit Hilfsgütern verletzt worden sein. Das meldete das von der Hamas kontrollierte Gesundheitsministerium in Gaza. Die Behörde warf Israels Armee vor, die Menge angegriffen zu haben.

Israel widerspricht dieser Darstellung. Laut einer ersten Untersuchung der Streitkräfte wurde die grosse Mehrheit der Menschen nicht durch israelische Angriffe getötet, sondern überfahren oder totgetrampelt, wie die Zeitung «Times of Israel» berichtete. Anwohner hätten sich um vier Uhr morgens in der Nähe von Gaza um einfahrende Lastwagen mit Hilfsgütern gedrängt. Tausende seien zu den Fahrzeugen gerannt. «Ab einem bestimmten Zeitpunkt wurden die Lastwagen gestürmt, und die Fahrer, Zivilisten aus Gaza, rasten in die Menschenmassen», sagte ein israelischer Regierungssprecher am Donnerstag. Ein von der israelischen Armee veröffentlichtes Video der Luftüberwachung scheint das zu bestätigen: Darauf ist zu sehen, wie sich Tausende Menschen um die LKW drängen und einige überfahren werden.

Anschliessend sind laut der Armee einige der Camions weiter Richtung Norden gefahren, wo bewaffnete Männer den Hilfstransport angegriffen und geplündert hätten. Dutzende Palästinenser hätten sich daraufhin in Richtung eines israelischen Panzers und von Soldaten bewegt, die die Hilfstransporte koordinierten. Die Personen hätten die Soldaten gefährdet, hiess es aus Militärkreisen. Daraufhin gab laut der israelischen Armee ein Offizier den Befehl zum Feuern. Es seien Warnschüsse abgegeben worden sowie auf die Beine der Personen gezielt worden. Etwa zehn Menschen wurden nach der Untersuchung durch israelischen Beschuss getötet. Am Abend sagte der israelische Militärsprecher, die Armee habe nicht auf Palästinenser geschossen, die Hilfe suchten.

Augenzeuge berichtet von Beschuss

Unabhängig überprüfen lassen sich weder die Angaben der israelischen Armee noch jene der Gesundheitsbehörde in Gaza. Ein Anwohner namens Mahmud Ahmed sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass plötzlich Schüsse gefallen und Granaten abgefeuert worden seien, als die Menschen am frühen Donnerstagmorgen zu den Lastwagen gegangen seien.

Der 27-jährige Augenzeuge sagte, er sei zunächst geflohen, später aber zurückgekommen. Bei seiner Rückkehr habe er etliche Leichen auf dem Boden gesehen. Auch diese Angaben liessen sich nicht unabhängig prüfen.

USA wollen Hilfsgüter aus der Luft abwerfen

Der Vorfall wirft ein Schlaglicht auf die humanitäre Katastrophe in Gaza. Uno-Vertreter teilten am Dienstag mit, dass ein Viertel der Bevölkerung des Gazastreifens, 576 000 Menschen, kurz vor dem Hungertod stehe. Die Hilfslieferungen hätten sich im Februar im Vergleich zum Vormonat halbiert. Das Welternährungsprogramm hat kürzlich seine Hilfslieferungen in den nördlichen Gazastreifen mit der Begründung ausgesetzt, dass dort Gewalt herrsche und die öffentliche Ordnung zusammengebrochen sei.

Hilfsgüter aus Frankreich, den Niederlanden sowie Jordanien wurden deswegen bereits aus der Luft abgeworfen. Die meisten dieser Hilfsgüter wurden von der jordanischen Luftwaffe transportiert.

Die USA wollen offenbar noch einen Schritt weitergehen. Am Mittwoch berichtete Reuters, dass Washington nun prüfe, Hilfsgüter aus eigenen Militärmaschinen über Gaza abzuwerfen. «Die Situation ist wirklich schlimm. Es gelangt nicht genug Hilfe mit Lastwagen hinein, daher brauchen wir verzweifelte Massnahmen wie Luftabwürfe», sagte ein amerikanischer Beamter der Nachrichtenagentur.

In Israel ziehen manche aus der Gewalt bei der Verteilung von Hilfsgütern andere Schlüsse: Itamar Ben-Gvir, der rechtsextreme Minister für nationale Sicherheit, erklärte, der Vorfall zeige, dass die Hilfslieferungen das Leben israelischer Soldaten gefährdeten. Dies sei «ein weiter klarer Grund, warum wir aufhören müssen, Hilfe nach Gaza zu schicken». Völkerrechtlich ist Israel dazu verpflichtet, die Versorgung der Zivilbevölkerung im besetzten Gebiet sicherzustellen.

Was heisst es für das Geiselabkommen?

Der Vorfall könnte zudem die Verhandlungen zwischen der Hamas und Israel beeinflussen. Momentan verhandeln die beiden Seiten über eine erneute Feuerpause und einen Austausch von Geiseln und Gefangenen. In den vergangenen Tagen sollen sich die Kriegsparteien einander angenähert haben, obwohl noch Differenzen bestehen.

US-Präsident Joe Biden sagte am Donnerstag, er sei überzeugt, dass die Verhandlungen über eine Feuerpause nun schwieriger würden. Biden sprach am Donnerstag mit den Staatschefs von Ägypten und Katar über den «tragischen und alarmierenden Vorfall» in Gaza. Kurzfristig befasst sich auch der Uno-Sicherheitsrat hinter verschlossenen Türen mit der Gewalt um die Hilfslieferungen. Uno-Generalsekretär António Guterres verurteilte den Vorfall und drängte auf mehr Hilfslieferungen in den Küstenstreifen.

Israels Ministerpräsident Benjamin Netanyahu äusserte sich in seiner abendlichen Medienkonferenz am Donnerstag hingegen nicht zu den Toten und Verletzten in Gaza. Netanyahu dämpfte ausserdem die Erwartungen an ein baldiges Geiselabkommen. Es sei zu früh, um zu wissen, ob eine Einigung mit der Hamas zustande komme. Die Terrororganisation habe wahnhafte Forderungen aufgestellt, sagte er. «Die Hamas versucht noch nicht einmal, sich in die Nähe einer Einigung zu bewegen.»

Mit Agenturmaterial.

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