France Gall – ein zweideutiger und einmaliger Weltstar
Als Teenager wurde France Gall zum Weltstar. Manche Hits von ihr klingen heute etwas seltsam. Doch ein Song wird wohl für immer ein wunderschöner Ohrwurm bleiben.
Der Hit, den ich mit France Gall verbinde, ist aus dem Jahr 1988. Ich war 17, und damals hielt sich "Ella, elle l’a" vier Wochen auf Platz eins der Charts hierzulande. Gall, inzwischen Ende 30, war damals schon viele Jahre ein gefeierter Weltstar.
"Ella, elle l’a" soll eine Hymne auf die Jazzsängerin Ella Fitzgerald sein. Bilder der amerikanischen Künstlerin sind mehrmals in dem offiziellen Musikvideo zu sehen. Aber völlig geklärt wurde nie, was "Ella, elle l’a" bedeutet. Der Song bleibt geheimnisvoll, ein bisschen melancholisch. Manche Autoren weisen darauf hin, dass der Titel zweideutig ist. Denn "Elle l’a" bedeute im Französischen auch "Sie hat es". Ein bisschen doppeldeutig ist vieles im künstlerischen Leben von France Gall.
France Gall, geboren am 9. Oktober 1947, performt dieses Lied als gereifte Frau – nicht als das blonde Mädchen, als das sie Mitte der 60er Jahre weltbekannt wurde. Der Ruhm kam endgültig, nachdem sie 1965 den GrandPrix Eurovision de la Chanson gewonnen hatte. Mit dem Lied "Poupée de cire, poupée de son" trat sie für Luxemburg an – mit nur 17 Jahren.
Ein Jahr später nahm sie ein Stück auf, von dem sie später sagen würde, dass sie die Zweideutigkeiten und die sexuellen Anspielungen nicht erkannt habe. Sonst hätte sie das Lied nicht gesungen. "Les Sucettes", genau wie der Grand-Prix-Siegersong von Serge Gainsbourg geschrieben, lässt sich mit "Lutscher" übersetzen. Es geht um süße Lollis, die den ganzen Song lasziv geschleckt werden oder auch mal penisförmig durchs Bild laufen – und das alles so eindeutig, dass die sexuellen Anspielungen geradezu ins Auge springen.
France Gall feierte große Erfolge mit Schlagern in DeutschlandDieser Song, damals ungeheuer erfolgreich, wirkt heute aus der Zeit gefallen. Genau wie einige deutsche Lieder von France Gall wie "Zwei Apfelsinen im Haar". Gall wohnte Ende der 60er und Anfang der 70er Jahre in Deutschland und feierte hier viele Erfolge mit Schlagern und Partyhits. Die junge Frau mit dem süßen französischen Akzent war der absolute Publikumsliebling.
Sie war das hübsche blonde Mädchen mit den eingängigen Liedern, zu denen sich gut tanzen und feiern ließ.
Mit diesem Image hatte sie als Teenie Mitte der 60er Jahre ihre Karriere gestartet: Unterstützt von ihren Eltern, brach sie mit 15 die Schule ab, um auf der Bühne erfolgreich zu sein. Ihr Vater war selbst im Musikgeschäft, komponierte Stücke für Edith Piaf und Charles Aznavour.
France Gall hatte sofort kommerziellen Erfolg, kaum dass sie ins Musikgeschäft einstieg. Einen großen Anteil daran hatte wohl auch ihre Bekanntschaft mit Serge Gainsbourg.
Ein Teil ihres Schaffens wird dem Popmusik-Genre Yéyé zugeordnet, das sich unter anderem an dem Sound amerikanischer Girlgroups orientiert. Manchmal ist diese Musik rockiger, manchmal klingt sie mehr wie Schlager. Es ist eine rhythmische, fröhliche Musik. Genauso wie der fröhliche Teenager, der sie interpretierte.
Privat jedoch war das Laben von France Gall teils von großem Leid gekennzeichnet. Ihr Ehemann Michel Berger starb 1992 mit 44 Jahren an einem Herzinfarkt. 1997 erlag ihre Tochter Pauline im Alter von 19 Jahren der Stoffwechselerkrankung Mukoviszidose. Gall selbst war 1993 an Brustkrebs erkrankt.
An diesem Montag wäre die weltberühmte Sängerin 76 Jahre alt geworden. Google ehrt sie und den Musikstiel des Yéyé mit einem Doodle.
In Frankreich herrschte große Trauer, als France Gall im Januar 2018 an einer wieder aufgetretenen Krebserkrankung starb. Mit ihrem wunderschönen Welthit "Ella, elle l’a" bleibt France Gall in Erinnerung. Sie hatte es einfach.
Quellen: Kirche im HR, Alle Sieger des ESC in der "Südwest Presse", "Der Spiegel"
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