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Fed-Entscheid: US-Leitzins fällt, aber wie stark?

FedEntscheid USLeitzins fällt aber wie stark
Selten waren die Meinungen derart geteilt, welche Geldpolitik das Fed einschlagen soll. Immer mehr prominente Stimmen fordern die Notenbank zu einer kräftigen Lockerung auf. Gibt das Fed nach?

Selten waren die Meinungen derart geteilt, welche Geldpolitik das Fed einschlagen soll. Immer mehr prominente Stimmen fordern die Notenbank zu einer kräftigen Lockerung auf. Gibt das Fed nach?

In welche Richtung soll es gehen? Wenn die Spitze der Federal Reserve in Washington zusammentrifft, ist für einmal keine Einigkeit zu erwarten.

In welche Richtung soll es gehen? Wenn die Spitze der Federal Reserve in Washington zusammentrifft, ist für einmal keine Einigkeit zu erwarten.

Chris Wattie / Reuters

Er kann es nicht allen recht machen: Der Fed-Chef Jerome Powell und seine elf Kollegen des Federal Open Market Committee (FOMC) stehen vor der schwierigsten und folgenreichsten geldpolitischen Entscheidung seit langer Zeit. Und die Meinungen darüber, was die US-Notenbank am Mittwoch beschliessen soll, gehen weit auseinander.

Luxus-Chauffeur in Nöten

Das Fed wird am Mittwoch den Leitzins senken – zum ersten Mal seit Ausbruch der Corona-Pandemie 2020. Das bezweifelt niemand. Die Inflation liegt deutlich tiefer, die Arbeitslosigkeit etwas höher als Anfang Jahr. Es gibt keinen Grund für das Fed, länger zuzuwarten, zumal auch die Währungshüter des Euro-Raums, der Schweiz, Kanadas und Grossbritanniens schon mit Senkungen begonnen haben.

Das Fed steht aber im Mittelpunkt einer lebhaften Debatte, ob der Zins gleich um 0,5 Prozentpunkte gesenkt werden soll. Es wäre ein ungewöhnlicher Schritt, den das Fed sonst nur am Rande einer Rezession und ungern ins Auge fasst. Man muss sich Powell als Edel-Chauffeur vorstellen, der die US-Wirtschaft durch dichten Verkehr fährt: Er fährt so vorausschauend, bremst und beschleunigt so behutsam, dass seine Gäste auf der Hinterbank kein Ruckeln spüren sollen.

Powells Problem: Der Verkehr spielt oft nicht mit. Weil sich der Leitzins immer mit Verzögerung auf das Wirtschaftsgeschehen auswirkt, läuft das Fed permanent Gefahr, zu spät auf wirtschaftliche Veränderungen zu reagieren. So geschehen 2022, als die Notenbank zu spät auf einen Teuerungsschub reagierte.

Schwer zu prognostizieren ist etwa der Erdölpreis, der sich mittelfristig auf eine ganze Reihe weiterer Preise auswirkt. Der Preis für ein Fass der Sorte Brent ist innert Jahresfrist von über 90 auf 70 Dollar gesunken - eine willkommene Unterstützung für den Kampf des Fed gegen steigende Preise. 2022 kostete das Öl, wegen des Ausbruchs des Ukraine-Krieges, zeitweise mehr als 120 Dollar pro Fass, und trieb so die Inflation stark an. Auch jetzt könnten Kriege, eine Seeblockade im Roten Meer oder eine überraschende Wirtschaftsaufhellung in Europa oder China den Ölpreis rasch wieder nach oben drücken und für einen neuen Teuerungsschub sorgen.

Der Druck auf das Fed steigt

Diese permanente Unsicherheit erklärt auch, weshalb die Ansichten so stark divergieren, in welchem Mass das Fed seine Geldpolitik lockern sollte. Befürworter eines Doppelschritts führen an, dass die monetären Bedingungen derzeit enorm restriktiv seien: Weil die Inflation rasch gesunken ist, bewegt sich der Realzins derzeit bei hohen 3 Prozent.

Für solche Härte gebe es keinen Grund mehr, im Gegenteil. Der sich abschwächende Arbeitsmarkt rufe nach einer neutralen, wenn nicht sogar lockeren Geldpolitik. Das Fed hätte schon im Juli die erste Senkung beschliessen sollen, sagen die Kritiker. Da es diesen Zeitpunkt verpasst habe, sei es angezeigt, den Rückstand mit einem Doppelschritt zu verringern.

Gegner wenden ein, dass die Inflation wieder aufflackern könne, wenn das Fed vorschnell einen Sieg über die Teuerung verkündet und die Zinsen zu sehr lockert. Die Kernrate der Teuerung, die volatile Elemente wie Nahrungsmittel und Benzin ausklammert, verharrt bei über 3 Prozent. Vor allem die Wohnkosten steigen weiterhin kräftig an, sowohl für Mieter wie für Eigenheimkäufer.

Die US-Wirtschaft sei zudem immer noch gesund und überhaupt nicht am Rande einer Rezession, argumentiert das Lager der «Falken», das die Geldpolitik nicht zu sehr lockern will. Der vielbeachtete Echtzeitindikator der Atlanta Fed weist für die USA derzeit ein Wirtschaftswachstum von 2,5 Prozent aus; das jährliche Lohnwachstum betrug zuletzt immer noch 4,6 Prozent.

Überhaupt sei es nicht wichtig, ob das Fed mit einem einfachen oder doppelten Schritt starte. Entscheidend sei der Zielpunkt der Reise – und dass diese tatsächlich im September schon beginnt.

Die Warner werden wieder lauter

Bis letzte Woche schien es fast ausgemacht, dass die Bremser die Oberhand behalten würden. Aufs Wochenende hin haben sich jedoch wichtige Stimmen eindringlich für eine starke Senkung ausgesprochen, darunter Bill Dudley, der frühere Präsident der einflussreichen Federal Reserve Bank von New York, oder das Editorial Board des «Wall Street Journal».

Die Anleihen- und Aktieninvestoren haben auf die neuen Töne reagiert. Inzwischen rechnen wieder zwei Drittel mit einer grossen Senkung um 0,5 Prozentpunkte; in der Vorwoche war es zeitweise nur noch eine kleine Minderheit gewesen.

Bisweilen ist bei den Anlegern auch der Wunsch Vater des Gedanken: Die Kurse an den US-Börsen würden von einer kräftigen Zinssenkung profitieren. Tiefe Zinsen helfen vor allem Firmen, die viel Fremdkapital brauchen und fortan günstiger Geld aufnehmen könnten. Aber auch manchen Unternehmen aus der Tech-Branche kommen tiefe Zinsen zugute, weil ihr Wert vor allem auf zukünftigen Gewinnen beruht.

Der Zinsentscheid des Fed hat über die USA hinaus Folgen. Ein Doppelschritt würde den Dollar weiter schwächen, was wiederum wichtige Partner wie Japan vor Herausforderungen stellt. Der Yen ist jüngst gegenüber dem Dollar auf den höchsten Stand seit langem geklettert.

Eine ähnliche Konstellation hat Investoren vor einem Monat in Panik versetzt und dazu veranlasst, mit Yen finanzierte Wetten rasch abzuwickeln. Betroffen davon war unter anderem der amerikanische Tech-Sektor. Die Folge: Der Nikkei brach zeitweise ein, aber auch die Kurse wichtiger US-Unternehmen wie Nvidia. Die Bank of Japan wird am Freitag ihren nächsten Zinsentscheid fällen.

In den vergangenen Wochen haben sich die Börsen in Japan und den USA wieder erholt. Aber dem Profi-Taxifahrer Powell wäre es am liebsten, er könnte sein nächstes Zinsmanöver ohne Holpern durchführen.

Im Schatten der Wahlen

Eine letzte Unbekannte ist die Politik. Donald Trump, der republikanische Präsidentschaftskandidat, hat das Fed zuletzt mehrfach dazu aufgefordert, auf eine Zinssenkung im Vorfeld der Wahlen zu verzichten. Normalerweise ist Trump ein Freund tiefer Zinsen. Weil diese derzeit aber der demokratischen Regierung helfen könnten, sieht Trump darin eine unbotmässige Einmischung der Zentralbank in die Politik.

Manche Analysten fragen sich, ob das Fed in dieser Ausgangslage nur eine kleine Zinssenkung beschliessen wird, um Trumps Kritik weniger Angriffsfläche zu bieten. Doch ist es sehr unwahrscheinlich, dass sich Powell und die übrigen Gouverneure von der Rhetorik eines Präsidentschaftskandidaten beeinflussen lassen.

Es ist zu erwarten, dass die Fed-Spitze Trumps «Warnung» ignorieren wird, wie sie das mit Wünschen und Anregungen von Politikern generell tut.

Doch schon die Diskussion zeigt: Es geht um sehr viel, wenn die Fed-Verantwortlichen diesen Dienstag und Mittwoch für den Zinsentscheid zusammentreffen. Insofern wird nicht bloss die Höhe der Senkung interessieren, sondern auch die Worte, mit denen Powell den Entscheid begründen wird. Powell könnte die Pressekonferenz nutzen, um den stimulierenden Effekt eines Doppelschritts etwas abzuschwächen. Wenn das Fed nur eine Senkung um 0,25 Prozentpunkte beschliesst, könnte Powell dagegen bekräftigen, dass man durchaus zu schärferen Senkungen bereit ist, falls die wirtschaftliche Situation sich verschlechtert.

Zudem wird das Fed die wirtschaftlichen Vorhersagen der FOMC-Mitglieder publizieren. Diese geben dem Markt oft einen groben Anhaltspunkt, wie sich die Geldpolitik des Fed entwickeln wird, falls keine Schocks die US-Wirtschaft heimsuchen.

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