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Seit 40 Jahren schlägt sein Herz für Döner Kebab

Seit 40 Jahren schlägt sein Herz für Döner Kebab
Seit 1982 steht Ali Sahin in Laupheim am Drehspieß. Eigentlich hatte der heute 61-Jährige ganz andere Pläne in Deutschland.

Seit mehr als 40 Jahren steht Ali Sahin am Drehspieß und versorgt die Laupheimer mit Döner Kebab. Dabei hatte der 61-Jährige eigentlich ganz andere Pläne, als er 1978 aus der Türkei nach Deutschland kam.

Nach 40 Jahren schlägt das Herz noch für Kebab

„Die Leidenschaft ist immer noch da. 40 Jahre im Geschäft bleiben, das geht nur, wenn man seinen Beruf wirklich liebt“. Nach dem Hauptgeschäft am Mittag sitzt Ali Sahin an einem der Tische in seinem Pizza-Döner-Bistro in der Rabenstraße 7/1. Drei Generationen Laupheimer gehören heute zu seinen Stammgästen. „Wer in den 40ern ist, der ist mit uns aufgewachsen“, sagt Sahin und lächelt. Bei seinen ersten Kunden musste er aber noch etwas mehr Überzeugungsarbeit leisten als heute.

„Der Anfang war nicht einfach im Schwabenländle“, erinnert sich Sahin. Damals ist es für ihn als Nicht-EU-Ausländer nur mit einer Ausnahmegenehmigung möglich, Döner Kebab in Laupheim anzubieten. Als er sich das erste Mal mit seinem selbstgebauten Grill und dem eigens mit Kalbfleisch bestückten Drehspieß auf dem Heimatfest präsentiert, muss er erst noch Pionierarbeit leisten.

Das Dokument der Genehmigung für den Verkaufsstand von Ali Sahin auf dem Laupheimer Heimatfest 1985. (Foto: Ali Sahin)

„Die Leute haben nicht gewusst, was Döner ist“, sagt er und lacht. Er bereitet das Gericht so zu, wie es in türkischen Kebab-Läden serviert wird. „Das Original besteht nur aus Kalbfleisch, Zwiebeln und Tomaten“, erläutert Sahin. Die Laupheimer sind neugierig und angetan. Heute ist Ali Sahins Stand auf dem Heimatfest nicht mehr wegzudenken. „Die Laupheimer haben schon Döner gegessen, da haben die Ulmer den Döner noch nicht einmal gekannt“, ist sich der heute 61-Jährige sicher.

Ali Sahin in seinem Stand auf dem Heimatfest im Jahr 1985. Bereits drei Jahre zuvor hatte er sich erstmals mit seinem Drehspieß den Laupheimern beim Fest präsentiert. (Foto: Ali Sahin)

Döner soll Menschen näher zusammenbringen

Als Sahin im Jahr 1978 aus dem türkischen Adana nach Laupheim kommt, hat er jedoch nicht das Ziel Kebab zu verkaufen: Seine Eltern sind Gastarbeiter in Deutschland. Nach seinem Abitur im Jahr 1980 schmiedet Sahin den Plan in Deutschland zu studieren - er möchte Arzt, wahlweise Ingenieur werden. Um eine Zulassung an der Universität zu bekommen, lernt er Deutsch als Fremdsprache. Doch alle seine Mühen sind umsonst: „Mein Abitur wurde nicht anerkannt.“ Schließlich macht er eine Lehre zum Industriemechaniker. An eine Selbstständigkeit, ist noch nicht zu denken.

In dieser Zeit beobachtet Sahin das soziale Gefüge in Deutschland kritisch. „Mir war aufgefallen, dass Italiener und Griechen, die hier bereits ihre Restaurants hatten, besser angesehen werden als Türken“, sagt Sahin. Er kommt auf die Idee, die Menschen durch ein Gericht aus der türkischen Küche näher zusammenzubringen. „Ich habe mir Gedanken gemacht, welches Gericht in Deutschland beliebt werden und zur Integration beitragen könnte. Da bin ich dann auf den Döner gestoßen“, sagt Sahin, der als Schüler bereits in Kebab-Läden in der Türkei jobbte.

Dönermaschine sorgt am Zoll für Aufsehen

Mit seinem Dönerspieß, dem er damals noch von Hand den richtigen Dreh verpassen muss und von dem das Fleisch mit einem langen Messer abgeschnitten wird, macht sich Sahin von Stuttgart über den Bodensee hinaus, bis ins österreichische Vorarlberg einen Namen. Als er 1982 mit seinem Equipment nach Österreich einreisen will, staunen die Zollbeamten nicht schlecht.

Anfangs musste der Dönerspieß noch von Hand gedreht werden: Mit einem langen Messer schnitt Ali Sahin das Fleisch in dünne Scheiben. (Foto: Ali Sahin)

„Keiner von denen hatte je eine Dönermaschine gesehen“, erzählt Sahin. Über Stunden habe sich die Einreise gezogen, bis die Verzollung geregelt war. Gebucht wird Sahin für Hochzeitsfeiern und auch für interkulturelle Feste, die das soziale Miteinander stärken sollen. Auch im kleinen Laupheim gibt es mit dem „Fest der Begegnung“ solche Bestrebungen.

Kebab-Pizza-Bistro wird zum Erfolgsmodell

Sein leidenschaftliches Hobby macht Sahin im Jahr 1992 zum Beruf. Durch eine Gesetzesänderung fallen die Hürden für Ausländer, die ein Gewerbe gründen wollen. „Der Markt war damals aber noch nicht so, dass man von dem Dönergeschäft hätte leben können“, schildert der Laupheimer. Sahin übernimmt den Lieferdienst „Pizza Sprint“ und bietet neben Pizzen auch Döner an - eine Kombination, die sich geschäftlich als gute Entscheidung herausstellt.

Der Stand von „Ali Baba“ auf einem „Fest der Begegnung“. Damals servierte Sahin seinen Kebab aus Mangel an Alternativen noch nicht im Fladenbrot, sondern in Kaisersemmeln. (Foto: Ali Sahin)

Sein Engagement für Integration und das soziale Miteinander pflegt er weiterhin: In Ulm engagiert er sich in der ehrenamtlichen Jugend- und Sozialarbeit und moderiert mit der Gründung von Radio-Free FM 1995 eine türkische Nachrichtensendung. „Ich bin nicht der Standard-Dönerverkäufer“, witzelt er.

Im selben Jahr wird Sahin vor eine Herausforderung gestellt: Bis dahin verarbeitet er das Fleisch selbst, das er mit einer Gewürzmischung verfeinert und auf den Spieß schichtet. Die neue Hackfleischverordnung verbietet Betrieben dies fortan. Daraufhin entstehen große Unternehmen, die Fleischspieße herstellen.

Döner Kebab hat sich über die Zeit verändert

Seit seinen Anfängen hat der „Alibaba Döner“ einige Veränderungen erlebt. Da es anfangs in der Region keine türkischen Bäckereien gibt, serviert Sahin den Döner anfangs noch nicht im Fladenbrot, sondern auf Kaiserbrötchen. Diese bezieht er zunächst von Laupheimer Bäckern, später trifft er mit ihnen ein Arrangement, und lehrt ihnen, die türkischen Fladenbrote herzustellen.

Seit 2005 backt Sahin seine Brote täglich frisch im eigenen Ofen: „Das ist Omas Rezeptur, wir backen das Brot wie vor 400 Jahren - ohne Backmittel und Konservierungsstoffe.“ Das vegane Fladenbrot wird wahlweise mit Fleisch, Salat, Tomaten, Zwiebeln und dem aus der schwäbischen Küche stammendem Blaukraut sowie weiteren Zutaten wie Weichkäse, Karotten, Mais und Gurken befüllt. „Der Döner ist immer reicher an Zutaten geworden“, sagt Sahin und ergänzt, dass der originale Kebab-Teller ohne Soße auskommt. Für viele gehört „Alis“ Joghurtsauce dazu: „Sie verstärkt den Geschmack, ohne den türkischen Charakter zu verfälschen.“

Ali Sahin denkt derzeit noch nicht ans Aufhören

Sein Geschäft zählt heute sechs Mitarbeiterinnen - eine Besonderheit in einem männlich dominierten Feld. „Frauen können das genauso gut wie die Männer“, steht für Sahin fest. Ob er mit 61 Jahren bereits ans Aufhören denkt? „Ich bin noch kein Millionär geworden“, witzelt Sahin. Bislang habe er noch keinen Nachfolger gefunden. Solange seine Gesundheit es zulasse, wolle er also weiter am Drehspieß stehen und für seine Kundschaft da sein. „Einfach, weil mir das Geschäft Spaß macht und ich die Kommunikation mit den Kunden sehr schätze.“

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