Lara Gut-Behrami in der Abfahrt in Crans-Montana: «Ich weiss, wie ...
– Gut-Behrami: Alles ist auf Erfolg ausgerichtet – es gibt keine Fotos mit Kindern
Die Tessinerin gewinnt die Abfahrt vor Teamkollegin Jasmine Flury und verblüfft weiter. Eine Meldung aus den USA spielt ihr zudem in die Karten.
Viermal die 1!
Es ist kein Standard-PIN-Code fürs neue Handy, es sind die Ergebnisse von Lara Gut-Behrami in den letzten vier Rennen. Super-G von Cortina, Riesenslalom von Kronplatz, Riesenslalom von Soldeu und nun die erste Abfahrt daheim in Crans-Montana – alles ist zur Beute geworden der Tessinerin.
Es ist der 44. Sieg im Weltcup für Gut-Behrami, der siebte in diesem Winter, sie triumphiert auch in der Königsdisziplin, erstmals seit über zwei Jahren. Egal, ob die Unterlage eisig ist oder aggressiv oder weich wie auf dem Walliser Hochplateau, Gut-Behrami ist derzeit eine Klasse für sich. «Es ist der Wahnsinn, viel besser geht das nicht», sagt Ilka Stuhec. Die Slowenin muss es wissen, zweimal holte sie in der Abfahrt WM-Gold.
Schon 105 Punkte Vorsprung
In solch einer Verfassung ist Gut-Behrami nie zuvor gewesen in ihrer 16-jährigen Karriere, mit 32 setzt sie sich auf den Ski-Thron und macht es sich darauf bequem. Auf die Frage, wie dieser Zustand zu beschreiben sei, findet sie keine Antwort. «Ich fühle mich einfach sehr sicher auf den Ski. Aber heute war es nicht leicht, ich musste kämpfen, konnte nicht machen, was ich wollte.» An einigen Stellen sei sie an ihr Limit geraten. «Es ist warm, es geht gegen Ende Saison, wir werden müde. Es gilt mehr denn je, aufzupassen.»
Das Thema Gesundheit spricht Gut-Behrami dieser Tage immer wieder an, was nicht überrascht nach all den Unfällen, die sich ereignet haben. Sie versucht, von ihrer Erfahrung zu profitieren. «Die Tage sind extrem lang, gerade an den Heimrennen. Am Morgen lasse ich mich nicht fotografieren, auch nicht mit Kindern. Nein zu sagen, ist nicht leicht, ich verstehe die Enttäuschung. Aber ich darf den Fokus nicht verlieren, will so wenig Zusätzliches tun wie möglich. Das sind Kleinigkeiten, die riesige Unterschiede ausmachen können.»
Vor den Rennen könne sie sich nichts leisten, dürfe sie keine Energie verlieren. «Ich weiss ja, wie schnell man im Spital landen kann.» In jener Phase des Winters seien viele empfindlich, «es ist wichtig, das Gleichgewicht zu finden und sich aufs Wesentliche zu konzentrieren – das Skifahren».
Wesentlich sind die 105 Punkte, die Gut-Behrami im Gesamtweltcup nun vor Mikaela Shiffrin liegt, die eine Hand ist ausgestreckt in Richtung der grossen Kristallkugel. Zumal die Entourage der Amerikanerin verlauten lässt, dass Shiffrin wohl auch auf die beiden Super-G von Val di Fassa verzichten wird.
Flurys aufwühlende Tage
Der Freitag wird zum geglückten Auftakt in ein Rennwochenende, das in Schweizer Festspielen münden könnte. Hinter Gut-Behrami wird Jasmine Flury zeitgleich mit der Österreicherin Cornelia Hütter Zweite, der Rückstand beträgt 21 Hundertstel. Ungläubig schaut Flury im Ziel in Richtung Anzeigetafel, sie schüttelt den Kopf und zuckt mit den Schultern, sagt danach, sie sei extrem überrascht, «es hat sich beim Fahren nicht gut angefühlt».
Körperlich ging es Flury vor dem Start nicht gut, sie spürte schon am Donnerstagabend Kopfschmerzen, fühlte sich schlapp. Doch wider jede Logik scheint sie meistens zu glänzen, wenn etwas nicht stimmt. So war es bei ihrem ersten Weltcupsieg 2017 in St. Moritz, so war es beim WM-Titel vor Jahresfrist in Courchevel, «vielleicht setze ich mich in diesen Situationen nicht unter Druck», resümiert sie.
Nach dem ersten Training sorgte Flury mit heftiger Kritik für Aufsehen, sie bezeichnete die Piste als «nicht Weltcup-würdig», auch am Zielsprung hatte sie einiges auszusetzen. Dieser ist in der ersten Abfahrt nur Kulisse, wird doch das Ziel um einige Meter nach oben versetzt, die letzten beiden Tore werden nicht befahren.
An der Mannschaftsführersitzung wurde am Donnerstagabend moniert, der Zielraum sei zu klein, beim Abschwingen hätten die Fahrerinnen nicht genügend Platz bis zu den Abschrankungen vorgefunden. Nun, der Bereich entspricht den FIS-Normen, Fakt aber ist, dass der Schnee zu weich ist – und weil die Athletinnen mit knapp 120 km/h in Ziel rasen, wird das Bremsen erschwert. In beiden Trainings gab es Stürze nach der Ziellinie.
Apropos Stürze: Flury litt stark unter den Verletzungen ihrer Teamkolleginnen Corinne Suter und Joana Hählen, vor drei Wochen in Cortina weinte sie deswegen während eines Interviews. «Ich liess das zu nahe an mich heran. In den letzten Tagen musste ich mich fangen, es brauchte viel Mentaltraining.»
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