Russland will sich offenbar Belarus einverleiben
Sollten die Inhalte des geleakten Kreml-Papiers tatsächlich der Wahrheit entsprechen, dürfte dem belarussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko das Lachen wohl vergehen. Bild: keystone
Gegenüber dem Westen präsentieren sich Belarus und Russland als Einheit. Doch ein Papier offenbart nun, was der Kremlchef mit dem Nachbarland vorhat – und bis wann.
21.02.2023, 03:19
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Moskau plant offenbar eine klammheimliche Übernahme seines Nachbarn Belarus bis zum Jahr 2030. Das zumindest legt ein geleaktes Dokument aus der Moskauer Präsidialverwaltung nahe, wie die «Süddeutsche Zeitung» (SZ) berichtet. Putins Strategen wollen das Land demnach politisch, wirtschaftlich und militärisch unterwandern. Ziel sei ein gemeinsamer Unionsstaat unter russischer Führung. Westliche Sicherheitskreise halten das Papier für authentisch.
Die «SZ», WDR und NDR haben das interne 17-seitige Kremlpapier mit dem Titel «Strategische Ziele der russischen Föderation in Belarus» gemeinsam mit neun weiteren europäischen Medien ausgewertet. Das Dokument stammt dem Bericht zufolge offenbar aus dem Sommer 2021 und beschreibt, wie sich der Kreml eine souveräne und unabhängige europäische Nation bis zum Jahr 2030 Stück für Stück einverleiben will.
In dem Dokument sollen die strategischen Ziele Russlands in Belarus in den Bereichen Politik/Verteidigung, Handel und Ökonomie sowie Gesellschaft aufgelistet und in kurzfristig (bis 2022), mittelfristig (bis 2025) und langfristig (2030) unterteilt sein. Das strategische Ziel Moskaus ist dem Papier zufolge unter anderem «die Sicherstellung des vorherrschenden Einflusses der Russischen Föderation in den Bereichen Gesellschaftspolitik, Handel, Wirtschaft, Wissenschaft, Bildung und Kultur», heisst es in dem Bericht der «SZ».
Die Verfassungsreform, im Februar 2022 beschlossen, solle nach russischen Bedingungen vollendet, Gesetze mit denen der russischen Föderation «harmonisiert» werden. Gleichzeitig wolle der Kreml den westliche Einfluss zurückdrängen und ein Bollwerk gegen die Nato schaffen.
Mehrere Experten sowie westliche Geheimdienste halten das Schreiben für glaubwürdig. «Der Inhalt des Dokuments ist absolut plausibel und entspricht dem, was wir auch wahrnehmen», wird ein hochrangiger Nachrichtendienstler von der «SZ» zitiert. Man müsse das Strategiepapier als Teil eines grösseren Plans von Putin sehen: der Schaffung eines neuen grossrussischen Reichs.
«Russlands Ziele in Belarus sind die gleichen wie in der Ukraine», sagte Michael Carpenter, US-Botschafter bei der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE): «Nur, dass Moskau in Belarus eher auf Zwang als auf Krieg setzt.» Am Ende gehe es in beiden Fällen um die Wiederherstellung eines Grossrusslands. Der Belarus-Plan sei eine Blaupause, warnte Franak Viacorka, Chefberater der im Exil lebenden belrussischen Oppositionspolitikerin Swetlana Tichanowskaja. Er könne auch «für Kasachstan, Armenien, Moldau» angewandt werden.
«In seiner äusseren Form ähnelt das Dokument einem Standarddokument der russischen Bürokratie oder politischen Verwaltung», sagte Martin Kragh, stellvertretender Direktor des Stockholm Centre for Eastern European Studies (SCEEUS), der Zeitung. Der Inhalt stimme «weitgehend mit den politischen Zielen Russlands gegenüber Belarus seit den 1990er-Jahren überein».
Der belarussische Machthaber Alexander Lukaschenko stellt sein Land als Aufmarschgebiet für den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine zur Verfügung. Erst vor wenigen Tagen hatte Kremlchef Wladimir Putin nach einem Treffen mit Lukaschenko gesagt, dieser habe in Belarus das industrielle Erbe der Sowjetunion bewahrt. Darauf lasse sich eine neue Kooperation aufbauen.
Lukaschenko unterstrich nach russischen Agenturberichten die technologische Kooperation der zwei verbündeten, aber international isolierten Nachbarstaaten. Sie lasse die Sanktionen ins Leere laufen, die wegen des russischen Angriffs gegen die Ukraine verhängt worden seien, behauptete der Machthaber.
Verwendete Quellen:
- Vorabmeldung der "Süddeutschen Zeitung" vom 20. Februar 2023
- Nachrichtenagentur dpa
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(t-online/lw)
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