Hu Jintao an Parteitag weggeführt – Neben Xi Jinping sitzt niemand mehr
Florian Müller
Publiziert heute um 10:54 UhrHu Jintao will nicht gehen. Das sieht man auf den Aufnahmen, die zeigen, wie der 79-jährige ehemalige Staats- und Parteichef Chinas von zwei Saaldienern aus der Abschlusssitzung des Parteitags in Peking eskortiert wird. Als sie ihm aufhelfen, diskutiert Hu noch kurz mit ihnen. Bevor er rausgeführt wird, beugt er sich zu seinem Nachfolger Xi Jinping und dessen bisheriger Nummer zwei, Li Keqiang, sagt etwas, tätschelt ihnen die Schulter. Dann geht er, am Arm geführt von einem der Saaldiener, von der Bühne.
Xis Gesichtsausdruck bleibt ungerührt. Den Rest der Sitzung bleibt sein linker Platz frei. Künftig wird auch zu seiner rechten jemand Neues sitzen. Der 20. Parteitag der Kommunistischen Partei Chinas hat einen Generationswechsel an der Führungsspitze eingeleitet – nur einer bleibt: Xi, der am Sonntag voraussichtlich seine historische dritte Amtszeit abgenickt bekommt und damit so lange an der Macht bleiben wird wie keiner seit dem Tod des Grossen Vorsitzenden Mao Zedong.
Ist der etwas gebrechliche Hu aus gesundheitlichen Gründen gegangen? Ist es Zufall, dass er gerade in dem Moment gehen muss, da die internationalen Journalisten in den Saal durften, so dass er quasi vor den Augen der Welt gedemütigt wird?
Man weiss es nicht, denn wie bei so vielem bleiben die Partei und die Staatsmedien zunächst stumm. Statt darüber zu sprechen, dass Li Keqiang offenbar gar nicht mehr dem nächsten Politbüro angehören wird, ebenso wie zwei weitere Kollegen aus dem obersten Führungszirkel, die eigentlich noch zu jung für den Ruhestand sind; statt darüber zu diskutieren, was es bedeutet, dass Xis zentrale Rolle in der Partei noch tiefer in der Verfassung verankert wurde, schaltet das Staatsfernsehen nach dieser historischen Sitzung zu einem Delegierten, der irgendwas über Chinas Raumfahrtprogramm sagt.
Es gehört zu diesem neuen China unter Xi, dass es zwar behauptet, so transparent wie nie zu sein – de facto aber fast alle wichtigen Entscheidungen im Dunkeln bleiben. Den Beobachtern und Journalisten bleibt nur das Interpretieren von Szenen, wie ebenjener von Hus Abgang.