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Coldplay: Eine schrecklich nette Band

Coldplay Eine schrecklich nette Band
Vier Mal hintereinander füllen Coldplay das Happel-Stadion. Die britische Band lebt vom Live-Erlebnis und ihrer aufbauenden Musik, ist aber mehr als das.

Vier Mal hintereinander füllen Coldplay das Happel-Stadion. Die britische Band lebt vom Live-Erlebnis und ihrer aufbauenden Musik, ist aber mehr als das.

Vor sieben Jahren waren Coldplay das letzte Mal in Wien. Auch im Sommer 2017 füllten sie das Ernst-Happel-Stadion mit einer bunten Show. Sänger Chris Martin war gut gelaunt, lobte die Fans, schickte Grüße hinaus in die Welt. Nun stehen die Briten wieder dort auf der Bühne. Zwei Konzerte wurden zunächst angesetzt, dann kamen ein drittes und viertes hinzu, und alle waren innerhalb weniger Stunden ausverkauft.

120.000 Menschen werden die Band bis Sonntag gesehen haben – mehr, als es bei Taylor Swift gewesen wären. Mehr als bei Rammstein (zwei Konzerte) im vergangenen Jahr. Wann kamen in so kurzer Zeit, innerhalb von nur fünf Tagen, so viele Besucher in das alte Stadion? Nicht einmal bei der Fußball-Europameisterschaft, die 2008 auch in Österreich ausgetragen wurde.

Völlig unaufgeregt hat sich die Band in den vergangenen Jahren den Superstar-Status erspielt, vor allem durch ihre ausgefeilten und bombastischen Live-Auftritte. Dass sie einmal diese Größe erreichen sollte, war nicht abzusehen. Wie viele Bands formierten sich Coldplay auf der Uni, Mitte der Neunziger trafen sich Chris Martin (der Alte Geschichte studierte), Guy Berryman, Jonny Buckland und Will Champion auf dem University College London und formten ein Quartett, dessen Besetzung man als klassisch bezeichnen kann: Gesang (Martin), Gitarre (Buckland), Schlagzeug (Champion), Bass (Berryman).

Gern hätte man damals noch Tim Rice-Oxley in der Band gehabt, die man gerade von Starfish in Coldplay umbenannt hatte, aber der war schon beschäftigt – mit Keane. Auch diese Band sollte erfolgreich werden, wie ein wenig früher schon die Schotten Travis. Die einen ein bisschen rockiger, die anderen ein bisschen poppiger, aber alle irgendwie anziehend auf sensible Art. Ein britisches Triumvirat, das sich um die Jahrtausendwende anschickte, den Brit Pop abzulösen.

Aber es waren Coldplay, die sich bald absetzten, Rekorde aufstellten und Massen anlockten. Ihr erstes Album „Parachutes“, 2000 veröffentlicht, war ein sogenannter Slow-Burner. Es schlug nicht ein wie eine Bombe, sondern setzte sich langsam durch. Songs wie das Liebeslied „Yellow“ oder die Ballade „Trouble“ schlichen sich in die Gehörgänge, langsam und nachhaltig. Coldplay eroberten damit auch den weltweit lukrativsten Markt, die USA, was nur wenigen Musikern aus Übersee gelingt.

Ein Hauch von Hollywood-Adel

Es war „Fix You“ aus ihrem dritten Album „X&Y“, das eine der wichtigsten Szenen der damals so populären und den Alternative Pop feiernden Jugendserie „O.C. California“ untermalte: „If you try your best, but you don’t succeed“, hob Martin an und sprach vielen aus der Seele. Den Song, in dem es um Trost nach einem Verlust geht, schrieb Martin für seine damalige Partnerin, Schauspielerin Gwyneth Paltrow, die aus einer regelrechten Hollywood-Dynastie stammt. Eine Beziehung, die einen Hauch des Glitzers der Traumfabrik auf die britischen Barden streute.

Ihre positive Grundeinstellung passte zum Zeitgeist (und tut das heute mehr denn je). Schon im ersten Song ihres Debüts heißt es: „We live in a beautiful world, yes we do“ („Don’t Panic“). Wie U2, mit denen sie gern verglichen werden, zeigen Coldplay Haltung (dezenter als Bono). Wirken nahbar, hoffnungsvoll, wohltuend. Sind Schöpfer mitsingbarer Lieder mit aufbauenden Botschaften. Seit Jahren spenden sie zehn Prozent ihrer Einnahmen an NGOs wie Amnesty International oder Fair Trade. Selbst Martins Ehe mit Paltrow wurde nett geschieden. Von „conscious uncoupling“, bewusstem Entpaaren, sprach Paltrow 2014 (und sorgte ob der Begrifflichkeit für Spott). In der Öffentlichkeit verlieren die beiden Expartner kein schlechtes Wort übereinander.

Band ohne Reibungsfläche?

Eine Band, die nicht viel Reibungsfläche bietet, möchte man meinen. Und doch scheiden Coldplay die Geister. „Wie eine flauschige Kuscheldecke“ seien sie, findet Ö1. „Die unausstehlichste Band des Jahrzehnts“ nannte sie die „New York Times“ (im Jahr 2005). In der Kritik an Coldplay schwingt gerne eine gewisse Missachtung für ihre Musik mit. Zu poppig, zu hymnisch, zu einfach gestrickt seien ihre Songs, so der Vorwurf. Doch sind die Briten beständig in ihrem Schaffen. Ihre fünf meistgehörten Songs auf Spotify mit je rund zwei bis zweieinhalb Milliarden (!) Aufrufen stammen von vier verschiedenen Alben und einer Kollaboration („Something Just Like This“ mit The Chainsmokers).

Zur vollen Größe laufen sie freilich live auf, mit Martin als Showmaster au naturel und geschickter Einbindung des Publikums. Auf der aktuellen „Music of the Spheres“-Tour bekommen ihre Fans Armbändchen mit LED-Lichtern und werden damit Teil der Lichtshow. Wer möchte, kann auf einem der bereitgestellten Ergometer strampeln, um den ökologischen Fußabdruck der Band zu verringern (auch die Umwelt ist ihr ein Anliegen).

Mehr als eine Milliarde Dollar wird die Tour voraussichtlich einspielen und damit einen Rekord aufstellen – bis Taylor Swift im Dezember ihre „Eras“-Tour beendet. Und die Show geht weiter. Am 4. Oktober erscheint das zehnte Coldplay-Studioalbum, „Moon Music“. Wer weiß, wie oft sie das Happel-Stadion auf ihrer nächsten Tournee füllen.

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